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Disclaimer: this installment is for the sole purpose of entertainment both the author and the readers.
I do not intent to make money of it, so please don't sue me.
All characters unless noted otherwise are the property of Fox.

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House ignorierte das Läuten geflissentlich. Wilson hatte einen Schlüssel, alle anderen sollten sich gefälligst zum Teufel scheren! Er würde nicht mit dem Klavierspiel aufhören, nur um irgendeinem Deppen die Tür aufzumachen.

Aber wer auch immer da draußen stand, war hartnäckig. So wie House. In Punkto Sturheit würde er sicher und mühelos jeden Wettbewerb gewinnen, so lange seine Gegner lebendig waren.

Das Klingeln verstummte und wurde gegen ein Klopfen getauscht. Es passte nicht zum Rhythmus von seiner Musik, also spielte House etwas lauter. Aus dem Klopfen wurde ein lautes Klopfen, dann ein Hämmern und nach einiger Zeit folgte noch ein einziger Schlag – oder Tritt – der die arme unschuldige Tür erzittern ließ. Dann war Ruhe. Endlich!

Aber House war nicht nur störrisch, er war auch schrecklich neugierig! Die Musik verstummte, House lauschte den letzten Noten noch etwas nach, dann stand er auf und hinkte zur Tür. Lauschte. Blickte durch den Spion. Lauschte wieder. Gut, es war wohl wirklich niemand mehr da. House riss die Tür auf und steckte den Kopf hinaus. Alles was geschah, war dass ein paar zusammengetackerte Blätter auf die Fußmatte fielen. Der unbekannte Besucher hatte diese wohl in die Tür geklemmt. Sie lagen mit der weißen Rückseite nach oben.

House starrte das Papier an.

Er würde sich wohl bücken müssen, wenn er wissen wollte, was es war. Und das tat er dann auch, denn sonst würde er einfach vor Neugierde platzen. Noch im Hochkommen wendete er den Stapel Blätter und ließ sie sofort fallen, als habe er sich verbrannt. Eilig machte er die Tür wieder zu.

//Oh Gott…//

Sein Herz schlug bis zum Hals und ihm war gleichzeitig heiß und kalt. Er setzte sich aufs Sofa und versuchte, sich zu beruhigen, sich abzulenken, aber seine Gedanken kehrten immer wieder zurück zu dem Papier draußen vor der Tür. Es rief nach ihm. Mit einer Stimme, so viel verführerischer als Heroin es je getan hatte.

//Nein! Das ist vorbei! Vergiss es!//

Als die Sehnsucht einfach zu übermächtig wurde, sprang House auf und verließ die Wohnung. Über die Papiere machte er einen großen Schritt, als habe er es mit einer wütenden Klapperschlange zu tun.

Bloß weg!

Zwei Stunden lang lief er völlig ziellos durch die Straßen. Als sein Bein ihm klar machte, dass es genug getan hatte, stand er im Park am See und starrte auf die glitzernde Oberfläche, die heute aussah wie Quecksilber. Sein Bein brauchte eine Pause. ER brauchte eine Pause. Körperliche Aktivität war er überhaupt nicht mehr gewohnt und hier, in der fahlen Sonne eines diesigen Tages erkannte House, wie heruntergekommen sein Körper wirklich war.

In der Nähe war ein kleines Cafe. Er war schon fast drinnen, als ihm einfiel, dass er ja Geld bräuchte. Wieder in Princeton zu sein machte es noch schwieriger sich Tag für Tag vor Augen zu halten, dass er NICHT sein altes Leben lebte. Machte diese Erkenntnis so viel schmerzhafter.

House griff in die Hosentasche und zählte – für zwei Kaffee würde es reichen. Es war erst kurz nach Mittag an einem Donnerstag und so war er der einzige Gast. Die Bedienung war wohl eine jener unzähligen Studentinnen, die überall in der Stadt Kellnerjobs hatten. Fröhlich begrüßte sie ihn und machte sich nichts aus dem Fehlen einer Antwort.

Sie ließ House drei Minuten, dann kam sie an den Tisch „Hi! Schön, dass Sie da sind! Was kann ich Ihnen bringen?“ sie strahle House auf eine Art und weise an, die ihm Übelkeit verursachte.

„Was ist denn daran schön?“ murrte er und rieb sein Bein.

„Bitte? Oh, naja…“ er hatte sie aus dem Konzept gebracht. „Also… Sie bestellen was. Ich verdiene was. Wir kriegen beide, was wir wollen… und das Wetter ist toll!“ fügte sie noch eilig hinzu.

House rollte die Augen.

Die Kleine fing sich wieder „Was hätten Sie denn gerne?“

„Kaffee.“

„Cappucino? Espresso? La-“

„Kaffee! Sowas gibt’s doch noch, oder?“

„Koffeinfrei?“

House stöhnte gequält auf „Mit allem! mit Koffein, mit Sahne – die mit Cholesterin! – mit Zucker. Ohne Schnickschnack.“

Sie konnte es sich nicht verkneifen „das ist dann aber nicht ‚mit allem’.“

„Vielleicht nehme ich doch lieber ein Wasser.“ sagte House mit einer Stimme, als trage er das Leid dieser Welt.

„Mit Kohlensäure oder ohne? Medium? Französisches, Italienisches oder welches von hier?“ leider fielen ihr nicht mehr Optionen ein, was sie sichtlich bedauerte.

„Kriege ich jetzt meinen Kaffee?“

„Mit allem ausser Schnickschnack? Klar.“ sie verbiss sich ein Grinsen und ging zur Theke.

„Sonst noch was? Wir haben den besten Schokoladenkuchen der Stadt, garantiert!“ sie strahlte House wieder an, er spürte schon, wie seine Haut Blasen schlug von so viel Strahlung – selbst bei der Entfernung.

„Mein Ruhe!“

Sie verzog das Gesicht und hantierte mit der aufwendigen Maschine herum. Eine Minute später stand eine Tasse Kaffee auf seinem Tisch. Geziert von einer perfekten Milchschaumkrone und… „Was ist das?“ House deutete auf etwas Braunes auf der Milch. Im ersten Augenblick erinnerte es ihn an Schimmel oder Sporen.

„Zimt.“

„was ist aus ‚ohne Schnickschnack’ geworden?“

„Hier trinkt man Kaffee, um ihn zu genießen. Wenn Sie nur scharf auf Koffein sind, dann kaufen Sie sich ne dose RedBull am Automaten! Ich muss auch nicht nett sein.“ So langsam wurde es ihr zu blöde! Damit ließ sie ihn sitzen.

„na endlich!“ jetzt würde er wohl hoffentlich seine Ruhe haben. Der Kaffee war tatsächlich sehr gut und der ungewohnte Anflug von Zimt machte daraus etwas Neues. Seine Ruhe hatte er nun, aber das ließ seine Gedanken wieder zur Fußmatte zurückkehren. Schlimmer noch: zu dem Stapel Papier obendrauf! Wegwerfen. Ja, das war eine sehr gute Idee! Aber dafür müsste er es wieder anfassen. Grauenhafte Vorstellung! Nein, grauenhaft war, was diese Blätter verkörperten. Und seine Gier danach. Diese unstillbare Gier nach Wissen, nach Erkenntnis und Verstehen. Sein ewiger Hunger auf die Lösung. Gerade hatte sich sein Geist an die Ödnis gewöhnt, die ein Leben OHNE Drogen UND ohne Job mit sich brachte…

//Wilson!//

Der Gedanke durchzuckte ihn. Er musste zurück, und zwar sofort! Wenn Wilson die Papiere fand… nicht auszudenken! House knallte das Geld für den Kaffee auf den Tisch und eilte hinaus.

+

Weg. Die Papiere waren weg. Vielleicht hatte er es nur geträumt? Vielleicht, aber unwahrscheinlich. House hatte brüllenden Hunger und er war müde von zu viel Bewegung an zu viel frischer Luft. Er schloss die Tür auf – und stöhnte gequält.

„Sei bitte leise, ich habe Migräne.“ empfing ihn eine leise Stimme im abgedunkelten Wohnzimmer.

House machte die Tür leise zu. „Du willst dich nur ums Kochen drücken.“ grummelte House und stiefelte in die Küche. Seit Wilson hier wohnte, war der Kühlschrank meist gut gefüllt, egal, was House auch anstellte, um ihn zu leeren. Jetzt holte er eine Tiefkühlpizza aus dem Eisfach und schob sie in den Backofen. Wilson brauchte kein Essen. Wenn der solche Kopfschmerzen hatte, dass er nach Hause kam, dann kotzte er sowieso den halben Tag herum. Pizza wäre eine reine Verschwendung.

„Geh ins Schlafzimmer.“ befahl House, der im Türrahmen stand und auf die Pizza wartete.

„Was?“ Wilsons Stimme hatte einen Klang, der House fast zum Lachen brachte.

„Bei Migräne sollte man sich gründlich bürsten lassen.“ erklärte House lapidar. Er konnte sehen, wie Wilson zusammenzuckte.

„D-das ist nicht Dein Ernst, oder?“ fragte Wilson mehr als Zögerlich. Vielleicht sollte er House wenigstens genug Geld geben, dass der sich mal irgendwo austoben konnte?

Es bereitete House große Freude zu sehen, wie Wilson sich wand! Aber er hatte doch Mitleid mit Wilson, der ja im Moment schon genug zu Leiden hatte. „Nein. Aber wenn Du hier vor dich hin leidest, kann ich nichts tun: kein TV, keine Musik und das Sofa ist auch besetzt. Sei dort krank, wo ich es nicht ertragen muss!“

Wilson bewegte sich nicht. „Für einen Moment dachte ich…“

„Ich war in der Klapse, nicht im Knast!“ House verschwand in der Küche und holte die fertige Pizza aus dem Backofen, schnitt sie klein und hinkte ins Wohnzimmer. „Andererseits: ich hab’s so lange nicht getrieben…“ er stieß Wilson mit dem Stock an „Verzieh Dich endlich!“

Langsam stand Wilson auf und ging in den Flur.

„Die Wichsflecken sind sicher alle trocken!“ rief House ihm hinterher.

Wilson verzog das Gesicht. Zu viel Information! „Ich nehme die Pille.“ murmelte er. House hatte gute Ohren.

+

Später am Abend ging es Wilson etwas besser und er hatte Hunger. Er tapste in die Küche und machte sich ein Sandwich, dass er ins Wohnzimmer brachte „Du hast übrigens Post.“ er wedelte mit der Linken in Richtung Piano.

„Ich?“ House mimte den Unschuldigen und tat völlig desinteressiert.

„Ja.“ Wilson aß eine Weile, dann sah er House an. „Willst du denn nicht wissen, was es ist?“

„Rechnungen erledigst Du, Werbung interessiert mich nicht. Kann nicht so wichtig sein.“ oh, er war ein begnadeter Schauspieler und Lügner!

„Du solltest es Dir wirklich ansehen, House.“ Wilson vermied es, den Fernseher anzuschauen, denn die bewegten Bilder verursachten ihm im aktuellen Zustand Schwindelgefühle.

„Wozu?“

„Es ist interessant!“

„Du liest meine Post?“ House setzte ein entsetztes Gesicht auf.

„Die Rechnungen.“ sagte Wilson trocken. „Du hast es eben selbst gesagt.“

„Es ist eine Rechnung?“

Wilson griff sich an den Kopf. Auch wenn das hier das erste normale Gespräch mit House seit Jahren war – er hatte Kopfschmerzen! „Ich lege mich hin.“ Wilson stand auf und ging aus dem Zimmer.

„Wo gehst Du hin?“

„Ins Bett. Ich bin krank.“ Sagte Wilson gerade so laut, dass es bei House ankam.

„Das ist mein Bett! Wo soll ich denn schlafen?“ auch wenn Wilson es nicht sehen konnte, machte House das passende Gesicht zu seinem Satz.

„Ist mir egal. Nimm das Sofa oder geh ins Hotel.“ Wilson grinste, legte sich in das Bett und machte sich so breit, dass klar war, dass niemand sonst darin würde schlafen können, sollen oder dürfen.

+++

Als er sicher war, dass Wilson nicht nochmal aufstehen würde, ging House zum Piano. Darauf lag die Kopie einer Krankenakte – die Papiere von der Fußmatte.

House betrachtete sie sehr genau, ohne sie jedoch zu berühren. Vielleicht hatte Wilson irgendwo einen Marker platziert, um so herausfinden zu können, ob er sie sich angesehen hatte? Ein Fussel, ein Haar, irgendwas? So sehr House auch suchte, er fand nichts. Die Papiere lagen einfach so da, als wäre es das Normalste der Welt. Da er aber auf gar keinen Fall zugeben wollte, dass er sich für das Zeug interessierte, markierte House die Position der Papiere und trug sie dann mit klopfendem Herzen zum Sofa.

Ja. Mein Gott, er hatte ja eine richtige Gänsehaut! Kein Schuss der Welt war so gut wie eine spannende Krankenakte! Selbst jetzt, da er sich darüber klar war, dass er wohl nie mehr praktizieren würde – der Kick war immer noch da! Notizen hier und da – in Chases Handschrift verfasst. Erst auf der letzen Seite stand ‚ich weiß nicht weiter!’

Also hatte wohl Chase wie ein Irrer gegen die Tür getreten. Der war immer noch am PPTH?

Sorgfältig legte House alles zurück und überprüfte zwei Mal, dass Wilson sicher nicht bemerken konnte, dass er sich mit den Unterlagen befasst hatte. Dann richtete er sich auf dem Sofa für die Nacht ein. In seinem Hirn ratterte es…

+++

Nach zwei Stunden gab er es auf, noch auf Schlaf zu hoffen. Sein Hirn kreiste um die Krankenakte, spielte alle Permutationen möglicher Diagnosen durch. Er stand auf und zog den kleinen Holztritt dahin, wo er sich erinnerte, dass ein selten benötigtes Buch auf dem obersten Brett stand. Es war schwierig, den Tritt zu tragen, aber er wollte auf jeden Fall vermeiden, dass Wilson aufgeweckt würde! House war nicht bereit, zuzugeben, dass ihn die Akte in irgendeiner Art interessierte.

Irgendwann fielen ihm die Augen zu, das Buch kippte aus seinen Bauch und so fand Wilson ihn am nächsten Morgen. Um sich und House die Diskussion zu ersparen, ließ er den Älteren weiterschlafen und verließ die Wohnung so schnell und leise wie er nur konnte.

Das war unnötig, denn als House aufwachte, das Buch immer noch schwer auf der Brust, war ihm sofort klar, dass Wilson ihn natürlich so gesehen haben musste. Gut, die Akte lag scheinbar unangetastet auf dem Piano, aber Wilson war alles andere als doof.

House gönnte sich ein ausgiebiges Frühstück – vielleicht das erste seit Jahren. Es war auch der erste Tag, an dem er wirklich Hunger hatte. Auch die Lust, sich aus der großen Auswahl an Leckereien, die Wilson vorrätig hielt gezielt etwas auszusuchen anstatt einfach blind irgendwas zu greifen, war zurückgekehrt.

Selbstverständlich hatte er nie gehungert in all den Jahren, aber an diesem Morgen aß er mit Freuden bis sein Magen zu platzen drohte. Danach war House müde und gönnte sich ein Schläfchen auf dem Sofa.

Um zehn ging er ins Bad und duschte mit der Effizienz eines Menschen, dem sein Erscheinungsbild egal ist und der eine Reinigung nur vornahm, weil die Hygiene ihn dazu trieb. Auf dem Wäschekorb lag seit Tagen ein PostIt: „bitte waschen!“

Ja, klar, er würde Wilson auf keinen Fall den Haushalt führen! Der könnte ihn ja jederzeit auf die Straße setzen, wenn es ihm zu viel wurde. House wusste, dass er sich in die eigene Tasche log, aber das war einfach zu bequem!

Er nahm die Monatskarte, die Wilson ihm gekauft hatte, und fuhr mit dem Bus… irgendwohin. Manchmal fuhr House einfach im Kreis, genoss die Tatsache, dass er sich völlig frei bewegen durfte. Dass er tatsächlich wieder FREI war! Niemand schrieb ihm mehr vor, wann er zu schalfen oder zu essen hatte und er konnte so oft unbeobachtet wichsen, wie ihm der Sinn danach stand. Oder eben nicht. Er hatte seine Würde zurückerhalten!

Anzuerkennen, dass es zum großen Teil Wilsons Verdienst war, dass es so war, lag House jedoch fern.

In der Carnegie-Mall stromerte er herum. Leider hatte er kaum Geld, aber er freute sich an den voll gestopften Regalen und Schaufenstern. Er würde Wilson mitnehmen müssen, aber das war – inakzeptabel!

Noch immer langweilte er sich schnell, aber es war immer noch besser als zu Hause zu sitzen und zu warten, dass Chase auftauchte – denn dass der kommen würde, war klar und unvermeidlich. Die Untätigkeit, zu der er verurteilt war, war eigentlich das Schlimmste – sein Geist gierte nach Beschäftigung.

Gegen Eins war er müde. Da er nicht auf irgendeiner Bank einschlafen wollte, musste er wohl oder übel heim. Auch wenn sein Schlafrhythmus nicht normal war – wahrscheinlich nie gewesen war und nie sein würde – der gnadenlose Raubbau, den er an seinem Körper betrieben hatte, forderte seinen Preis. Auch ohne Opiate war er dieser Tage oft müde, und da half auch kein Kaffee, egal wie stark!

Als er aus dem Bus ausstieg und um die Ecke bog, stutzte er eine Sekunde und machte dann auf dem Absatz kehrt. Zu spät. Chase hatte in einem empathischen Moment in seine Richtung geblickt und ihn gesehen. Erkannt!

„Dr. House!“ der dämliche Aussie schrie es quer über die Straße! Natürlich würde er ihn nicht abhängen können, aber House versuchte es dennoch, indem er Haken schlug – sinnlos. Mit widerlicher Leichtigkeit holte der blonde Arsch ihn ein. „Dr. House.“ Er sprang House in den Weg ohne ihn anzufassen.

„Verschwinde!“ knurrte House ihn feindselig an. Chase verkörperte alles, was er verloren hatte.

„Haben Sie sich die Akte angesehen?“ Chase versuchte, sich den Schreck über das mehr als abgelebte Aussehen seines ehemaligen Chefs nicht anmerken zu lassen.

„Man sollte Sie anzeigen, vertrauliche Akten irgendwo hinzuwerfen!“ zischte House ihn an und versuchte, an dem jüngeren Mann vorbeizukommen.

Aber Chase verstellte ihm den Weg „Sie hätten ja aufmachen können. Sie waren offensichtlich zu Hause.“

„Lassen Sie mich in Ruhe!“ sagte House müde.

Das völlige Fehlen von Energie in der Stimme des älteren Mannes erschreckte Chase wieder. Wo war der House, den er gekannt hatte? „Nein. Sie sind noch nicht tot und vorher werde ich nicht aufgeben. Sie müssen mir helfen, sonst wird die Patientin sterben!“

Wortlos starrte House ihn an. Er war schon mehr als tot. Leider hatte der Sensenmann vor ihm wohl genauso viel Angst wie vor Chuck Norris! „Dann ist das eben so. Kriegen Sie’s immer noch nicht auf die Reihe, wenn einer abnippelt? Suchen Sie sich nen anderen Job, Chase!“

„Sie wollen doch, House! Geben sie’s zu!“

„Wachen Sie auf!“ führ House ihn laut an „Das ist vorbei, ein für alle Mal!“ er schob Chase grob aus dem Weg – es war ihm egal, ob der auf die Fahrbahn stolperte oder nicht!

Um nicht in den vorbeifahrenden Verkehr zu stolpern, hielt sich Chase an Houses Ärmel fest, was bei dem eine unerwartet heftige Abwehrbewegung hervorrief – fast schlug er den anderen Mann. Chase zuckte erschrocken zurück, ließ los und ging einige Schritte rückwärts, den ungläubigen Blick auf House gerichtet. „Sie haben Recht, ich habe Sie mit jemandem verwechselt.“ sagte er und drehte sich dann um und ging.

+++

Als Chase bei Wilson auftauchte, um den zu bitten, die Akte wieder mitzubringen, fragte der natürlich, wieso.

Chase lieferte ihm einen kurzen Abriss des Treffens. „Ich wollte es nicht glauben, aber er ist wirklich nicht mehr der, der er mal war.“ gestand Chase sich selbst ein.

Wilson betrachtete Chase mit einem merkwürdigen Blick „Robert, wenn Sie wirklich so einfach zu entmutigen sind, dann haben Sie vielleicht wirklich den falschen Job.“

„Das war ein Tier! Er hat aus vollem Reflex heraus gehandelt.“

„Man hat ihn ja lange genug genau so behandelt, Robert.“ erinnerte Wilson sein Gegenüber „Und wenn wir damit weiter machen, wird sich das auch nicht ändern.“

Chase ließ sich auf das Sofa in Wilsons Büro fallen und stöhnte „Ich hätte wirklich gedacht, der Fall würde ihn ansprechen!“

„Er ist mit einem Onkologie-Buch auf dem Bauch eingeschlafen.“ offenbarte Wilson.

„Es ist kein Krebs.“ widersprach Chase, „Das haben Sie bestätigt.“

„Ich weiß, aber House hatte sicher seine Gründe.“ Wilson sah auf die Uhr – es war schon spät. „Versuchen Sie’s nochmal, Robert.“

„Sie geben nie auf, was?“ Chase grinste schief

Wilson macht eine allumfassende Geste, „Wie sonst könnte ich meinen Job machen? Schönen Abend noch.“ Wilson klopfte Chase auf die Schulter, schloss ab und machte sich auf den Heimweg.

+++

Schon beim Öffnen der Tür ist die schlechte Laune spürbar. Und das liegt nicht nur am Alkoholdunst, der Wilson entgegenschlägt. //Verdammt, kann man ihm nicht einen cent lassen?// House hängt auf dem Sofa wie ein Schluck Wasser in der Kurve, der Fernseher spielt irgendeine geistlose Dauerwerbesendung ohne Ton, Charly Antolini versucht die Lautsprecher der Stereoanlage zum Platzen zu bringen und die halbleere Flasche billigen Vodkas zittert im Takt.

Die Luft war zum Schneiden und Wilsons erste Tat war es, ein Fenster aufzureißen. Immer noch besser den Benzindunst der Rushhour als dieses möglicherweise explosive Gemisch hier drinnen! „Du hast geraucht!“

„Heul doch.“ murmelte House.

Erst jetzt nahm Wilson sich die Zeit, House zu mustern: er trug nur ein T-Shirt und Boxers, auf dem Bein lag eine Wärmekompresse und seine Finger tippten den Takt der – viel zu lauten – Musik, wenn auch nicht mehr sehr akkurat. Wortlos nahm Wilson den Vodka und wollte ihn in die Küche tragen -

Aber eine harte Hand fasste ihn am Handgelenk und stoppte Wilson „MEINS!“

„Bist Du auf Ein-Wort-Sätze reduziert?“ fragte Wilson, der sich losriss und weiterging. IN der Küche kippte er das Zeug in die Spüle.

„Kette mich doch gleich an!“ brüllte House ihm hinterher „Du hältst mich ja sowieso wie einen Sklaven!“

„Ein Sklave,“ Wilson erschien im Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt, „würde wenigstens tun, was man von ihm erwartet. Zum Beispiel mal die Wäsche waschen. Oder wenigstens seine Dreckwäsche in die Sammelbox werfen.“

„Vielleicht noch paar sexuelle Gefälligkeiten, der Herr? Bücken hab ich gelernt.“ schnappte House.

Wilson fuhr zurück, erschrocken über Ton und Inhalt des Gesagten. „Mistkerl!“ zischte er und verzog sich wieder in der Küche. Er hatte eigentlich vorgehabt, mit House über den Fall zu reden, aber das war offensichtlich nicht möglich. Wirklich hungrig war er jetzt auch nicht mehr – dann könnte er sich ein paar Reste vom Frühstück machen. Er riss den Kühlschrank auf…

Alle Pfannkuchen waren weg. Der Speck auch, ebenso das Sandwich mit Pute, Currymayo, Chutney und Mandeln! Er schüttelte den Kopf: zumindest der unersättliche Hunger von House schien zurückgekehrt!

Wilson tobte sich ein wenig in der Küche aus. Er war allerdings nicht wütend genug, um House nicht etwas zu essen zu machen. Mit einem Berg Sandwiches kam er ins Wohnzimmer und stellte das Essen und zwei Dosen Coke auf den Tisch. Dann machte er die Musik leiser, so dass eine Unterhaltung möglich wäre. Wenigstens theoretisch.

House stellte sie wieder lauter. Lauter als vorher.

Wilson drehte leiser.

House drehte noch Lauter.

Wilson wurde es zu blöde: er schaltete aus und behielt die Fernbedienung bei sich.

Mit einem bitterbösen Blick stand House mühselig auf und stakste aus dem Raum. Kurz darauf knallte die Schlafzimmertür laut.

Wilson seufzte. Er war müde! Er war es so leid, immer derjenige zu sein, der nachgab. Immer klein bei zu geben, Kompromisse zu machen, zurückzustecken. Er fuhr sich durch die Haare und seufzte abgrundtief.

+++

Drei Stunden lang rührte sich nichts; die beiden Männer belauerten sich offensichtlich gegenseitig um zu sehen, wer den längeren Atem hatte. Wilson sah fern, hörte, wie House ins Bad ging und wieder im Schlafzimmer verschwand.

Der Ausgang überraschte niemanden wirklich: nach fünf Stunden war Wilson weich gekocht. Er stand auf und ging zu der geschlossenen Tür. Er zögerte: er konnte sich vorstellen, wie wichtig für House ein Ort war, in den niemand ungeladen eindrang. Aber er wusste auch, dass House auf sein Klopfen nicht reagieren würde. Aber er gab eben nie auf!

Wilson Klopfte an. Wie erwartet gab es keine Reaktion. Wilson klopfte noch einmal an. Schweigen. Der Raum hätte leer sein können, so still war es.

„Lass mich bitte rein, House!“ als auch darauf keine Reaktion folgte, „Ich möchte mit Dir reden und das werde ich nicht durch diese Tür hindurch tun.“ würde er definitiv NICHT! „House?“

Absolute Stille. Vielleicht schlief er ja? Gut möglich, aber Wilson hatte keine Lust, zu warten. „Ich komme jetzt rein, OK?“

Wilson glaubte, ein leises Knarren zu hören, konnte das aber nicht wirklich einordnen. Er drehte den Türknauf und öffnete sehr langsam die Tür zum Schlafzimmer. Drinnen war es dunkel und absolut still. Der Onkologe trat ein und lehnte die Tür an. Der schmale Lichtstrahl, der vom Flur her eindrang war die einzige Lichtquelle. Wilsons Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit und er erkannte House schemenhaft auf dem Bett.

Wilson holte tief Luft und atmete laut aus. Nichts regte sich, House hätte auch tot sein können… „Wenn Du beweisen würdest, dass Du Dich vernünftiger verhältst wäre ich der Erste, der die Zügel lockerer lassen würde.“

Keine Reaktion.

„Du denkst doch nicht ernsthaft, dass es mir Spaß macht, Dich so zu gängeln.“ Das konnte ja wohl nicht sein Ernst sein! Es musste doch House einleuchten, dass es auf Dauer anstrengend war, immer für zwei zu denken, ständig seinen Tagesablauf nicht nur für sich selbst, sondern pausenlos auch für House zu planen!

Wilson seufzte. Er könnte auch gegen eine Wand reden! „Alles, was ich will ist, dass hier ein kleines Bisschen Normalität einkehrt. Dass Du wieder Anteil hast am Leben. Aber Du… Herrgott, hör auf, mich so zu behandeln, als hätte ICH Dich in den Knast gebracht!“

House wirbelte auf dem Bett herum „Wer denn sonst?“ selbst im Dunkel konnte Wilson die Wut in Houses Augen flackern sehen.

Die Reaktion war so heftig, dass Wilson einen Schritt zurück machte und gegen die Wand prallte. „Wie bitte?“ Wilson fielen fast die Augen aus dem Kopf. „Das…“ er griff sich an die Stirn. „Das ist nicht Dein Ernst!“

„Wer hat mich denn ans Messer geliefert? Wer musste mich denn ohne Not verpfeifen, he?“ zischte House wütend. All die Jahre hatte er diese Wut in sich gehabt und Wilson, der da stand und in seiner ach-so harmlosen Art den Wohltäter gab, brachte House in Rage.

„DU hast diese Rezepte gefälscht, House! DU hast die Medikamente gestohlen! DU hast totalen Mist gebaut, warst verdammt nochmal zu stolz auch nur EINMAL klein bei zu geben und ICH bin jetzt an allem schuld? Oh, nein! Werde mal erwachsen und übernimm Verantwortung für dein Tun.“

House quälte sich hoch. Er war zu wütend, um still zu liegen. Er bebte vor Zorn und baute sich vor Wilson auf „Du hast doch nicht eine Sekunde ernsthaft über die Konsequenzen DEINER Handlungen nachgedacht. Noch nie! Du hast mich ans Messer geliefert, du Arschloch!“

Wilson wäre gerne nach hinten ausgewichen, aber er stand schon mit dem Rücken zur Wand. So wütend hatte er House nur selten erlebt. Der Ältere stand so dicht vor ihm, Wilson konnte spüren, dass House am ganzen Leib zitterte.

„Hättest du die Klappe gehalten, hätten sie nichts in der Hand gehabt. Aber nein, der heilige Jimmy kann ja nicht lügen! Hauptsache immer ehrlich, ist ja nicht so wichtig, dass einem im Knast der Arsch aufgerissen wird, wenn’s nicht der eigene ist!“

„Du hättest einen Deal aushandeln können. Man hat es Dir ANGEBOTEN!“ protestierte Wilson.

„Und das hätte ja auch sooo toll funktioniert!“ lachte House freudlos. „Der Typ wollte Rache, dem war es von Anfang an klar, dass er diesen Drecks-Deal nicht bräuchte. Der wollte mich auf den Knien sehen, und das hat er ja auch bekommen. Dank Deiner eifrigen Hilfe. Und Du erwartest wirklich, dass ich hier auch nur einen Finger für Dich krumm mache? Pah!“ House riss die Zimmertür auf – sein ganzer Körper schrie ‚RAUS!’

„Ich wollte niemals, dass es so weit kommt.“ Sagte Wilson leise.

„Werde mal erwachsen und übernimm Verantwortung für dein Tun.“ warf House ihm seinen eigenen Worte ins Gesicht. Dann packte er Wilson grob am Kragen und warf ihn hinaus. Diesmal schloss er die Tür ab.

+++

Für eine ganze Weile stand Wilson einfach nur im Flur vor der verschlossenen Tür und starrte ins Nichts. In Kopf und Herz herrschten völliges Durcheinander. Die wenigen kruden Worte, mit denen House sein Martyrium beschrieben hatte waren tausendmal anschaulicher gewesen, als all die Einträge der Krankenakte aus dem Gefängnis!

War er mit schuld?

Lieber Himmel, wer hätte denn wirklich gedacht, dass House in den Knast kommen würde? Niemand hatte daran geglaubt! Alle waren sie völlig geschockt gewesen, als die Richterin an House ein Exempel statuierte und Revision ausschloss. Wilson erinnerte sich noch gut daran, dass alle aus dem PPTH, die bei der Urteilsverkündung dabei gewesen waren, erstarrt waren vor Schreck.

Und eben weil der Ausgang derart unwahrscheinlich schien, hatte er sich nicht wirklich ernsthafte Gedanken darüber gemacht, was ‚Gefängnis’ bedeutete.

Ihm wurde schlecht…

+

Als Wilson sich die Zähne geüutzt hatte und der Meinung war, er wäre fähig, einen Satz von sich zu geben, klopfte er wieder an die verschlossene Tür. Fünf Minuten lang bat er darum, gehört zu werden, aber es regte sich – wie so oft – nichts. Aber das Spiel konnten zwei Spielen. Wilson richtete sich auf eine sehr unangenehme Nacht ein und setzte sich vor der Tür hin. Ironisch, dachte er, dass er wie ein Trauernder auf dem Boden saß!

Aber in gewisser Weise trauerte er. Um die Würde, die man seinem besten Freund genommen hatte. Um das verlorene Vertrauen, um das letzte Bisschen Verletzlichkeit, dem man auf so brutale Weise eine Dicke Hornhaut verpasst hatte.

Und er, Wilson, der sonst immer alles so ausgiebig und von allen Seiten betrachtete, der House immer vorgeworfen hatte, zu unüberlegt zu handeln, ER trug daran mit Schuld! Das würde er sich niemals vergeben können.

Könnte House?

+++

Auf der anderen Seite der Tür lag House im dunkeln und versuchte, das Klopfen zu ignorieren. Immer noch bebte er vor Zorn. Zorn auf Wilson, der der ihn erbärmlich hatte hängen lassen. Und eine ungläubige, erstaunte Wut auf sich selbst: Was hatte ihn eben davon zurückgehalten, dieses selbstgerechte Arschloch krankenhausreif zu prügeln? Wilson wenigsten ein Mal erleben zu lassen, wie das war, wenn man wirklich Angst um sein Leben haben musste, wenn man nichts mehr tun konnte, außer sich zusammenzurollen und zu hoffen, dass es irgendwann aufhören würde – und zwar bevor man krepierte!

Sie hatten ihm wirklich alles genommen. Im Knast war er wirklich ganz ganz unten gewesen, sie hatten seinen Stolz gebrochen und in die Knie gezwungen. Nichts war ihm mehr geblieben. Und gerade eben hätte er eine hervorragende Gelegenheit gehabt, sich mal ausztoben! Wieso hatte er es nicht getan, verdammt noch mal???

Was war los mit ihm?

Als endlich Ruhe einkehrte, wurden seine Gedanken nur lauter und aufdringlicher. Vor allem die, die er gar nicht hören wollte!

Verflucht!

Er hasste Wilson nicht. All die Jahre hatte er sich das eingeredet, hatte versucht, diesen Hass zu schüren und am Leben zu erhalten weil es ihn davon ablenkte, dass er sich all diese Scheiße letztendlich selbst zuzuschreiben hatte. Naja, fast jedenfalls. Für den Infarkt und die Folgen konnte er nun wirklich nichts.

House hatte es nie für möglich gehalten, dass er tatsächlich einfahren würde! Der Schock, als er das Urteil vernahm war vielleicht der größte seines Lebens gewesen. Und dann der Knast. Irgendwie hatte er geglaubt, mit seiner smarten Klugscheißerei dort durchkommen zu können, aber es war eben kein Film mit Happy End, sondern die erbärmliche Realität.

Und in der Realität des Gefängnisses war Häftling 4832, vormals bekannt als Gregory House nur ein Würstchen dass den gleichen Gesetzmäßigkeiten unterworfen war, wie alle anderen auch: man musste nur lange genug draufhauen, lange genug die Angst wach halten, den Schmerz nähren und dann gaben die Würstchen dieser Welt nach. Immer. Er war keine Ausnahme gewesen. Es hatte vielleicht ein wenig länger gedauert als bei den meisten, hatte mehr weh getan weil sein Stolz so übermächtig war und sein Alter ihn gelehrt hatte, zu widerstehen, aber er hatte natürlich am Ende verloren.

Weil man dort nur verlieren konnte.

Die Erinnerung an den Knast wühlte House auf, an Schlaf war nun gar nicht mehr zu denken. Scheiß Wilson!

House wälzte sich herum während die Zeit einfach nicht vergehen wollte. Dann musste er pissen. Dringend. Er fluchte leise und quälte sich aus dem Bett, tapste ohne Stock zur Tür und machte sie auf…

+

Kaum hatte House den Riegel offen, das drückte auch schon etwas die Tür auf und ein erschrockener Wilson fiel ihm vor die Füße! House starrte Wilson wortlos an, währen der sich aufrappelte. Wollte House mit ihm reden?

Wilson stand im Weg und starrte ihn an wie ein waidwundes Reh. „Ich muss pissen. Ich kann das auch gleich hier erledigen…“ knurrte House.

Das war so weit entfernt von allem, was Wilson erwartet hatte, zu hören, dass er eine Sekunde brauchte, um den Sinn der Worte zu verstehen. Dann sprang er förmlich auf die Seite, denn er wollte wirklich nicht ausprobieren, ob House diese Drohung wahr machen würde! Er blickte House hinterher, der sich an der Wand abstützte und im Bad verschwand.

Kurz darauf baute House sich wieder vor Wilson auf. Die letzten Jahre hatten House nicht nur einfach altern lassen, musste Wilson feststellen. Da war eine Härte in seinem Blick die früher nicht da gewesen war und zum ersten Mal im Leben hatte Wilson wirklich Angst vor Greg House. Wilson schluckte hart.

„All die Jahre wollte ich Dir jeden Knochen im Leib brechen.“ Knurrte House ihn an. Wilson machte einen Schritt rückwärts, aber da war die Wand.

„Ich habe mir gewünscht, dass Du lernst, wie das ist, vor Schmerzen zu winseln weil Du längst nicht mehr schreien kannst; zu betteln, dass man aufhört. ALLES zu tun, DAMIT es aufhört.“ Wilson presste sich in die Wand. Er hatte eben keine Angst vor House gehabt, erkannte er; JETZT hatte er Angst vor House! Total. House war schon immer ein guter Schläger gewesen, nicht auszudenken, was er im Knast an Tricks gelernt hatte! Wilson konnte nicht mehr atmen, sein Herz schlug so hart und schnell, dass er befürchtete entweder einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu bekommen. Er hielt unbewusst die Luft an.

Konnte man sich auf sowas vorbereiten? Tat es weniger oder mehr weh, wenn man WUSSTE, dass man sich gleich was einfinge? Wilsons Augen flackerten zu Houses rechtem Oberschenkel. Das wäre der Punkt, auf den er zielen müsste…

+++

„ich kann’s nicht…“ abrupt wendete House sich ab. Er hatte die nackte Angst in Wilsons Augen gesehen. So weit war es gekommen. Wilson hatte wirklich Angst vor ihm. House ging in die Küche.

Wilson schloss die Augen und atmete aus. Er war so erleichtert, dass er kaum noch stehen konnte. Mit einer zittrigen Hand fuhr er sich durch die Haare. Als House mit einer Coke im Wohnzimmer verschwand, ging Wilson ihm langsam hinterher, immer noch auf der Hut.

Sie schwiegen sich an. Das Ticken der Wanduhr wurde zusehends lauter, bis es die bleischwere Stille in die Ohren der beiden hineinzuhämmern schien.

Als Wilson dann endlich sprach, war das so unerwartet, dass House förmlich zusammenzuckte – er war intensiv damit beschäftigt gewesen, Worte zu finden als Wilsons Stimme das Schweigen zerriß.

„Du hast Recht,“ sagte Wilson. „Ich hätte wirklich niemals geglaubt, dass Du verurteilt würdest. Niemand hatte das für möglich gehalten.“

Und da war es wieder, das House’sche Schweigen. Die unbewegte Mine, die in keiner Weise verriet, ob und was von dem Gesagten bei House ankam. Wilson ließ sich dadurch nicht beirren. „Wir – alle! – haben geglaubt, im schlimmsten Fall hauen sie Dir auf die Finger, lassen Dich ein wenig in uhaft hocken und dann bekommst Du Bewährung.“

House schnaubte. Genau das hatte er auch angenommen!

„Ich hab’ wirklich alles versucht, House! Und nicht erst, als ich Deine Krankenakte zu lesen bekam.“ Wilson schluckte. So viel Leid…

„Oh Mann, du heulst, weil Du ne Akte gelesen hast!“ House sah Wilson verächtlich an.

„Deine Akte! Deine Schmerzen, House!“

„Pft! Worte, Wilson. Die bedeuten gar nichts!“ zischte House.

„Es tut mir fürchterlich leid, House! Das musst du mir glauben!

Schweigen.

„Vielleicht solltest du mich wirklich zusammenschlagen.“ sagte Wilson leise.

House lachte freudlos „Was würde das bringen? Was würde das beweisen?“

Wilson zuckte die Schultern. Buße. Es wäre Buße.

„Und Du würdest ja wissen, dass ich Dich nicht kalt mache, dass ich nichts kaputt machen würde, was nicht zu reparieren wäre, weil ich Arzt bin und weiß, was ich tue. Die Erfahrung wäre nur ein blasser Abklatsch.“ Houses Stimme war überraschend milde. „Und ich würde Dich nie…“

Der Satz wurde nie beendet, nicht nur, weil Wilson laut aufschluchzte. House rollte die Augen – Heulerei war nichts, was er gutmütig duldete, und bei Kerlen schon gar nicht!

„Vergib mir!“ bat Wilson.

House sah ihn eine Weile an „Nein,“ sagte er dann ruhig aber bestimmt. „Nicht, solange ich es nicht vergessen habe. Ich werde das nie vergessen können,“ fuhr House fort, „Ich werde nie mehr…“ etwas bröckelte, tief in seinem Innern. House fühlte es und wusste, dass er das nicht würde stoppen können. Hastig stand er auf und floh ins Schlafzimmer.

Wilson folgte ihm auf den Fersen „House?“ Die Geräusche, die Wilson hörte, kannte er nicht. Er konnte sie überhaupt nicht zuordnen, bis er dann erkannte warum: er hatte House noch nie weinen gesehen!

„Geh… weg!“ flüsterte House.

„Nein.“ Statt dessen setzte Wilson sich neben House auf die Bettkante. Vorsichtig legte er dem Mann seine Hand auf die Schulter und erschrak, als er spürte, wie heftig House zitterte! „Ich lasse Dich nicht alleine!“

House kämpfte heldenhaft um jeden tiefen Atemzug, gegen jedes Schluchzen, aber es war eine aussichtslose Schlacht, denn der Feind war übermächtig und Wilson fiel ihm in den Rücken mit seiner Nähe, seinem Mitgefühl. Scheiß Wilson!

++

Wilson hatte keine Ahnung, wie lange es dauerte, aber es kam der Moment, da hatte House keine Tränen mehr, keine Kraft mehr und allen Schmerz, alle Verzweiflung aus sich herausgeschrien. Alles was Wilson hatte tun können war, all die bitteren Tränen aufzufangen und House zu halten, der fast wörtlich ‚auseinanderzufallen’ drohte.

Völlig erschöpft schlief House fast sofort ein. Wilson deckte ihn zu und rollte sich auf der Couch im Wohnzimmer zusammen. Er fühlte sich, als hätten die Tränen sich in seine Haut eingebrannt.

Und trotz allem hatte Wilson das bestimmte Gefühl, das – auch ohne Vergebung – die Fronten jetzt klarer waren. House hatte gesagt und getan, was längst überfällig gewesen war und Wilson war zuversichtlich, dass dieses reinigende Gewitter so etwas wie einen neuen Anfang markierte.

+++

Am nächsten Morgen war Wilson zu kaputt, um sich zur Arbeit zu schleppen. Er rief an und meldete sich krank, dann fiel er wieder auf das Sofa und schlief weiter. Als er das nächste Mal die Augen öffnete, stellte Wilson fest, dass es helllichter Tag war! Mit einem Ruck setzte er sich auf und sah sich um. Alles war still. Ein Blick auf die Uhr verriet Wilson, dass es fast Elf war!

Nichts deutete darauf hin, dass House anwesend war. Aber Wilson hatte natürlich keine Ahnung, was House normalerweise so tat, wenn Wilson arbeiten war. Wilson erkannte, dass er eigentlich nichts mehr über seinen einstigen besten Freund wusste und fühlte sich mit einem Mal sehr schuldig.

Nachdem er geduscht hatte, ging er in die Küche, um ein ordentliches Frühstück zuzubereiten. Inklusive Bacon und Houses Lieblingspfannkuchen.

Wilson wollte schon alles zusammenräumen und in den Kühlschrank stellen – House hatte ein Radar für Essen, er würde es auf jeden Fall finden, wenn er auftauchte – als er ein Geräusch hörte. Das unregelmäßige Tappen nackter Füße, die Badezimmertür.

Nach einer Weile tauchte House in der Tür zur Küche auf, mit einem irritierten Gesichtsausdruck. „Ist Wochenende?“ hatte er so völlig jedes Zeitgefühl verloren? fragte sich House. Er hätte schwören können, dass Mittwoch war. Oder vielleicht Donnerstag. Ja, sicher Donnerstag.

„Ich habe mich krank gemeldet.“ erklärte Wilson und deckte den Tisch erneut. Kein Nicken, kein Wort des Dankes oder der Anerkennung – House nahm Platz und schlang sein Essen herunter, als gäbe es nie mehr was. Als Wilson ihm Kaffee nachschenkte, zuckte House und beugte sie wie schützend über sein Essen. Wilson biss sich auf die Lippe. Mein Gott, hatte man ihm sogar das Essen streitig gemacht? Wut packte ihn…

„Ich hab mich gefragt…“ begann Wilson zögerlich, „naja, ob Du was unternehmen möchtest?“

House blickte ihn an, als ob Wilson auf einmal zwei Köpfe und vier Arme bekommen hätte. Was sollte er schon großartiges unternehmen? Mit fünfzehn Dollar in der Tasche kam man nicht wirklich weit! „Klar. Ich werde mich zu Tode langweilen, wie jeden Tag.“ murmelte er schließlich.

„Es muss doch was geben, das Du tun möchtest?“ Wilson gab nicht so schnell auf.

„Ich könnte mal in’n Puff gehen und mir das Rohr durchpusten lassen.“

Wilson wurde ein wenig rot, dann lachte er „Ist nicht Dein Ernst!“

„Bei DIR stehen sie Schlange, ist schon klar.“ brummelte House, „geht ja nicht jedem so.“

„OK. Schwester Frances hat eine nette Schwester…“

„Mann, ich will mal ordentlich ficken, nicht erst vier Stunden Smalltalk machen und dann ne Abfuhr kriegen!“ schnappte House verärgert.

„Gut.“ Wilson machte auf dem Absatz kehrt, holte die Tageszeitung und suchte nach den einschlägigen Annoncen. „Such Dir was aus. Eine, die hierherkommt. Geh nicht in so ne Siffbude, OK?“

Für einen kurzen Moment sah House Wilson mit echter Überraschung an, dann überflog er die Anzeigen und tippe dann auf die Annonce eines „Escort-Service“. Jetzt war er aber wirklich gespannt, ob Wilson das durchziehen würde!

Der Onkologe nahm das Blatt und ging nach nebenan, um zu telefonieren. „Geh duschen. In einer halben Stunde kriegst Du Besuch.“ informierte Wilson ihn dann zu seiner totalen Überraschung.

+

Nachdem Wilson die finanzielle Seite abgewickelt hatte, erklärte er der Frau, wo das Schlafzimmer war und dann verzog er sich hastig.

House fielen fast die Augen aus dem Kopf, als die grazile, zierliche Asiatin eintrat. Wow! Wilson hatte wohl seine Pornosammlung studiert, denn die Kleine war genau sein Typ! House schluckte hart – er war definitiv aufgeregt. Die letzte Nummer war so lange her, dass man ihn schon wieder Jungfrau nennen könnte!

„Hi, ich bin Kiko. Dein Freund sagt, Du redest nicht viel, aber…“ sie trat ans Bett, zwischen seine Beine und fuhr mit einer Hand durch seine Haare „wenn Du es geniessen möchtest, dann sag mir, was Du NICHT willst. Der Rest ist dann meine Sorge, OK?“

House nickte und räusperte sich, bevor er antwortete.

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„Finger weg von meinem Arsch.“ Sagte House bestimmt.

„OK, kein Problem. Ich gehe mal duschen. Willst du zusehen?“ sie reichte ihm einladend ihre Hand und House nahm den Vorschlag gerne an. Er hatte so lange keine Frau mehr gesehen, und diese hier sah wirklich verdammt heiß aus! Er war entschlossen, jede Minute auszukosten!

Die Show war schon mal gut und brachte House in Fahrt. Und danach – egal, was Wilson bezahlt hatte, sie war jeden Cent wert! Als sie nach einer Stunde ging, hatte House kein Hirn mehr und keinen Knochen im Leib.

+++

„Das ist Dein Ernst, ja?“ Wisons Auto hielt auf einem großen Parkplatz neben der Quakerbridge Mall und sah House immer noch ungläubig an.

Der rollte die Augen „Herrje, wenn’s Dich derart ankotzt, fahr doch woanders hin! Oder wieder heim. Ist doch scheißegal.“ seine Stimme verlor sich in einem Murmeln.

„Nein, das ist es nicht!“ wehrte Wilson ab, „ich hätte nur gedacht, Du würdest woanders hin wollen.“ Er stieg aus und beobachtete House, der dafür deutlich länger brauchte als früher. Nun ja, sie wurden alle nicht jünger.

Zielstrebig lahmte House zum Eingang der Mall und drinnen – Wilson schüttelte immer noch den Kopf darüber, wenn auch mit einem Lächeln – direkt zu Wendy’s. House bestellte eine unanständig große Portion und verschlang restlos alles, während Wilson sich mit einem Donut und Kaffee beschäftigte. Er überlegte kurz, House schon rein aus Prinzip etewas von dessen Pommes zu stehlen, aber dann erinnerte er sich an den Moment in der Küche.

Aber House musste wieder ins normale Leben finden, wie auch immer ‚normal’ in Zukunft definiert werden würde. Und so nahm Wilson sich ein Herz und langte hinüber.

Für einen kleinen Moment erstarrte House in voller Alarmbereitschaft, dann zwang er sich, sich zu entspannen. War ja nur Wilson. Und für die Fritte würde er im Gegenzug Pfannkuchen machen. War also ein guter Tausch. Sein Blick flackerte kurz über den Tisch, registrierte das spitzbübische Grinsen auf Wilsons Gesicht und heftete sich dann, als sei nie was passiert, wieder auf sein Essen.

+

Sie stromerten – angeführt von House – noch eine Weile durch die Mall. Wilson war immer wieder erstaunt über die Mischung an Dingen, die Houses Interesse erregten. Dieser harte, kantige Kerl war im Innern immer noch ein kleiner Junge, dachte Wilson. Das war einerseits sehr rührend, fand der Onkologe. Auf der anderen Seite schmerzte es Wilson, denn ihm war klar dass House einfach nie wirklich hatte Kind sein dürfen. Statt dessen hatte er den kleinen Jungen weggesperrt und war – nach dem Wunsch seines Vaters – so schnell es ging erwachsen geworden. //er hat so viel versäumt…// dachte Wilson wütend. House war um die besten Jahre betrogen worden.

Als sie bei Brooks Brothers vorbei kamen, stoppte Wilson „Ich würde mir gerne mal die Hemden ansehen, wenn wir schon mal hier sind.“

House zuckte gleichgültig mit den Schultern „Ich warte da drüben.“ Er deutete auf eine Bank unter Plastikpalmen.

„Du könntest auch ein oder zwei neue Hemden brauchen.“ versuchte Wilson, seinen Schützling aufzumuntern. Aber House sah ihn nur mit einer Mischung aus Verachtung und Widerwillen an. Wieso sollte er hier ein Hemd kaufen, wenn er bei WalMart für den Preis wahrscheinlich vier Stück bekäme UND noch zwei T-Shirts obendrauf?

So trennten sich ihre Wege für einen Moment. Hätte Wilson geahnt, wie schicksalsschwer die nächsten Minuten sein würden, er wäre niemals weggegangen…

+++

House hockte sich auf die Bank. Gedankenverloren rieb er sein kaputtes Bein, bis er sich dessen bewusst wurde. Es war mehr Reflex als Notwenigkeit und so hörte er auf. Die Langeweile hatte ihn zu vielen Spaziergängen getrieben und nun stellte er erstaunt fest, dass sich die viele Bewegung wohl tatsächlich positiv auswirkte! Natürlich war er nicht gesund und ermüdete erschreckend schnell, aber seinem Rücken ging es besser. Seinem Bein so leidlich und er hatte seltener Kopfschmerzen. Er musste zugeben, dass Wilson sich sehr gut um ihn kümmerte. //der Depp… was hat er davon?//

House beobachtete die Leute, die an ihm vorbei hasteten, zielstrebig, gehetzt, gestresst. Seine Gedanken drifteten ab, hielten an und er entspannte sich etwas. Fast wäre er eingeschlafen, aber statt dessen bekam er vor Schreck fast einen Herzinfarkt:

+

Er wäre vielleicht weggegangen, hätte aus sicherer Entfernung eine Ambulanz gerufen und erst eingegriffen, wenn es klar gewesen wäre, dass ohne seine Intervention ein Mensch sterben würde. Zumindest früher. Heute… heute war er ja nichtmal mehr Arzt!

Das Schicksal klatsche ihm direkt vor die Füße.

Fast wörtlich aus heiterem Himmel fiel ihm ein sechsjähriges Mädchen vor die Füße. Das Geräusch des Aufschlages war eine übelkeiterregende Mischung aus trocken brechenden Knochen und nassem Aufschlagen von Gewebe. House, der gerade am Eindösen gewesen war, sprang mit rasendem Herzen auf und starrte auf das kleine Menschlein zu seinen Füßen. Sie musste im Ersten Stock über die Brüstung geklettert sein, dachte er sich.

Überall war Blut. Das Kind zuckte ein wenig, war aber nicht bei Bewusstsein. Niemand kümmerte sich wirklich. Hätte er die Identität gekannt, wäre er vielleicht immer noch weggegangen. Scheiß auf Eide und Moral – das interessierte ja außer ihm sowieso kaum jemanden.

Das House handelte war mehr ein Reflex als eine bewusste Entscheidung. Er Kniete bei dem Kind und ermittelte den Status, befahl einem Spanner, gefälligst eine Ambulanz zu rufen und hielt das Kind am Leben. Er hatte nichts verlernt.

Von seiner Umwelt nahm er nichts mehr wahr und für einen Moment war er einfach nur wieder der geniale Arzt mit großer Erfahrung. Die Sanitäter führten seine Anweisungen aus und bald war das Kind stabil und transportfähig. Eine weinende Frau fragte ihn nach seinem Namen, aber es war Wilson der antwortete. House war irgendwie… nicht da.

+

Auf einmal waren überall Menschen, Reporter, Blitzlichter. Engten sie ein, bedrängten House, der immer noch zitterte. Wilson legte einen Arm um dessen Taille und wehrte alle Leute ab. Er musste House hier wegbringen. Aber wohin? Bis zum Parkplatz war es viel zu weit.

In seiner Ratlosigkeit zerrte Wilson House hinein zu Brooks Brothers und wortlos in eine Umkleidekabine. Dort setzte er House auf einen Hocker und zog den Vorhang zu. „Wie geht’s Dir?“ fragte er sachte.

House war völlig durch den Wind und brauchte einen Moment, um seine Stimme wiederzufinden. „Ich… ah… ich…“ er starrte auf seine blutigen Hände, die immer noch unkontrollierbar zitterten.

„Lass Dir Zeit, House.“ sagte Wilson leise „Ist OK. Du hast das sehr gut gemacht.“ Wilson wollte House in den Arm nehmen, wollte dem Anderen Rückhalt und Bestätigung geben, wie man das mit normalen Menschen eben so tat. Aber das hier war House, und den fasste man nicht einfach mal an. Also beschied er sich damit, dem zitternden Mann eine Hand auf die Schulter zu legen. „Du warst großartig.“

Er machte einen Schritt nach draußen. Die Verkäufer hatten mitbekommen, was draußen passiert war und waren so freundlich, die Neugierigen draußen zu halten. Wilson bat um ein Glas Wasser, was man ihm auch gleich brachte. Der Chef des Ladens erkundigte sich nach dem Befinden des Helden. Seine Besorgnis entsprang nicht nur seiner Bewunderung – Held war ja nett, aber er sollte bitte nicht seinen Laden voll kotzen oder sonst was unappetitliches tun.

„Wenn wir vielleicht noch ein paar Minuten hier bleiben dürften?“ fragte Wilson. Zu seiner Erleichterung nickte der Filialleiter und bot ihm dann sogar an, den Hinterausgang zu benutzen.

+++

„Wie geht es ihm?“ Das war Cuddy, die zwei Stunden später anrief, um sich nach Houses Befinden zu erkundigen. Die Neuigkeiten hatten schnell die Runde gemacht. Das Kind würde überleben. Und das war – nach aussagen der behandelnden Ärzte und der Sanitäter ausschließlich der Verdienst des fähigen Ersthelfers vor Ort gewesen.

Die Lokalsender war voll davon. Und damit nicht genug! Wilson wollte sich in den Hintern beißen, denn ER hatte ihnen Houses Namen genannt. Und nun wurde die ganze alte Geschichte wieder aufgewärmt, House aufs Neue im Rampenlicht seziert.

Aber der Ton war hier und da nachsichtiger als damals.

„Ich bin mir nicht sicher. Er hat kein Wort gesagt und sich in seinem Zimmer eingesperrt.“ antwortete Wilson besorgt.

„Wilson…“

„Nein, Cuddy! Wenn er da drin für sich sein will, dann ist das so. Ich werde nicht einbrechen!“

„Was? Nein, darum geht es nicht. Wilson, wissen Sie, wessen Kind das ist?“ fragte Cuddy angespannt.

„Nein.“

Cuddy holte tief Luft „Das ist die Tochter von... Detective Tritter.“

„Mein Gott!“ Wilson musste sich setzen. Ihm wurde schwindelig. Er hatte den Mann seit der Sache damals nicht mehr gesehen und das war ihm auch ganz Recht gewesen. Wilson hatte nicht gewusst, dass der Mann so spät noch Vater geworden war. „Oh, mein Gott!“

„Die Mutter möchte sich bei ihm bedanken.“ rückte Cuddy nun mit der Sache heraus.

„Das… ich weiß nicht, Cuddy… Im Moment ist das sicher keine gute Idee…“ Wilson wollte House auf keinen Fall überlasten und hatte ernsthafte Zweifel daran, dass so eine Konfrontation irgendwem helfen würde.

„Er hat ein Recht darauf, dass sie seine Tat anerkennt!“

„Cuddy, was soll das bringen? Es ist jetzt schon schlimm genug – sehen Sie sich die Nachrichten an! Er wird jetzt wieder Wochenlang nicht vor die Tür gehen wollen. Er muss doch mal zur Ruhe kommen!“

„Ich weiß…“ Cuddy seufzte. „Ich dachte nur, naja, dass es ihn vielleicht ein wenig wachrütteln würde.“

„Oh, das hat es ganz sicher!“ lachte Wilson freudlos „Aber das führt doch zu nichts. Er muss in seinem neuen Leben ankommen, Cuddy, nicht dauernd der Vergangenheit nachhängen. Sein altes Leben ist vorbei und das können wir auch nicht ändern. Schlimmstenfalls kriegt er jetzt was wegen Verletzung der Bewährungsauflagen angehängt!“

„Oh, Gott!!“ daran hatte sie noch gar nicht gedacht!

In diesem Moment wurde der Fernseher ausgeschaltet. House stand im Raum, das Gesicht ausdruckslos. „Ich muss jetzt auflegen. Ich melde mich nochmal. Bye.“ Wilson legte das Telefon weg und sah House erwartungsvoll an. Wieviel hatte der von dem Telefonat mitbekommen?

„Ich geh auf keinen Fall nochmal in den Knast. Oder die Klapse. Auf gar keinen Fall.“ sagte House leise aber bestimmt. Und wenn er seine Zunge verschlucken musste, er würde sich tausendmal lieber umbringen, als sich nochmal einsperren zu lassen!

„Niemand wird Dich wegsperren, das verspreche ich Dir, House!“ beteuerte Wilson.

House sah ihn nur lange an. Dass Wilson seine Versprechen hielt, hatte er mittlerweile kapiert. Wenn Wilson das versprach, dann würde es auch so geschehen, ohne Wenn und Aber. „Ich hab Hunger.“

+++

Weder an diesem Tag, noch an den folgenden verloren House oder Wilson auch nur ein Wort über den Vorfall. Wilson entfernte vorsorglich alle scharfen Gegenstände aus der Wohnung und ging wieder arbeiten. Er besuchte das Mädchen auf der Intensiv, von dessen Seite die Mutter nie verschwand. Tritter selbst war nirgends zu sehen.

Abends hielt Wilson es nicht mehr aus. Noch bevor er etwas zu essen bestellte – ohne Messer war kochen recht mühselig – beschloss er, House aufzuklären. Houses Magen schon immer nervös gewesen und es hatte sich gezeigt, dass das sich deutlich verschlimmert hatte in den vergangenen Jahren. Und um ehrlich zu sein hatte Wilson keine Lust, wieder aufzuwischen!

Er druckste ein wenig herum und das fiel House natürlich auf. Er war immer noch ein scharfer Beobachter. Aber natürlich würde er Wilson auf keinen Fall fragen! Damit müsste er ja zugeben, dass seine zur Schau gestellte Gleichgültigkeit nur Maskerade war!

„Das Mädchen…“ begann Wilson endlich.

Oh. Das fing nicht gut an, fand House. Eigentlich war er sich ziemlich sicher gewesen, dass die Kleine es schaffen würde. Für einen kurzen Augenblick flackerten seine Augen zu Wilson. „Ist sie ex?“

„Nein, nein es geht ihr den Umständen entsprechend sehr gut. Ich meinte mehr… also, WER sie ist.“ Wilson wand sich noch immer!

„Wen interessiert das?“ House dreht sich wieder weg: dem Kind gings gut, der Rest war uninteressant.

„Du kennst ihren Vater.“

„Oh, hast Du einen Treffer gelandet?“ lästerte House „Ich dachte, deine Unfruchtbarkeit wäre nach drei Ehen und endlosen Affären etabliert.“

Autsch. Warum tat House das? Wieso nur musste er immer um sich schlagen? „Sie ist die Tochter von Detective Tritter.“ so, nun war es raus. Gespannt sah Wilson House an und wartete auf dessen Reaktion.

Houses Mund klappte auf. Nach einer Minute war er soweit, dass er was dazu sagen konnte „Ich hätte nochmal drauftreten sollen.“ zischte House hasserfüllt.

Wilson zuckte zusammen und selbst House war von sich selbst überrascht. Na ja, wen versuchte er, anzulügen? Klar hatte er sich schon hundertmal ausgemalt, wie er sich an Tritter rächen würde oder könnte. Jede Art von blutiger Rache und Erniedrigung war ihm schon durch den Kopf gegangen. Aber er wusste, wenn er mal ehrlich war, dass er wahrscheinlich sogar Tritter selbst noch helfen würde, wenn sonst niemand verfügbar wäre. Scheiße.

„Geht’s Dir gut?“ fragte Wilson nach einem Moment. Er hatte das subtile Mienenspiel seines Freundes aufmerksam verfolgt.

„Ich kann’s ja nicht ändern.“ zuckte House die Schultern.

+++

Am nächsten Tag am späten Nachmittag, klopfte es an Wilsons Bürotür. Detective Tritter trat ein „Wie geht es Dr. House?“ fragte er nach einem kurzen Kopfnicken.

„Das interessiert Sie doch nicht wirklich.“ antwortete Wilson recht abweisend.

Tritter zog die Brauen hoch „Natürlich -“ begann er in diesem sanften Ton, den Wilson so sehr verachtete.

„Das ist erbärmlich!“ fuhr Wilson ihm über den Mund, „Er hat nichts anderes getan, als das was er immer schon getan hat: ohne Rücksicht das zu tun, was für seine Patienten das Beste ist. Selbst ohne Rücksicht auf seine eigene Karriere! Mag sein, dass ein so begabter Mensch sich bei Schnupfen und ranzigen Geschlechtsteilen mal langweilt. Mag sein, dass House ein arrogantes Arschloch ist. Aber nur, weil Sie jetzt mal persönlich beteiligt sind, glauben Sie, mit einem ‚danke’ ist es getan? Sie haben ihm alles genommen! Er hat hunderte von Leben gerettet – würde es noch tun, wenn er nicht ihr Ego angekratzt hätte. Gehen Sie!“ Wilsons Hand wies auf die Tür „Und kommen Sie nur wieder, wenn Sie irgendeinen legalen Grund dafür haben!“

Tritter sah Wilson noch einen Moment lang sprachlos an, dann drehte er sich wortlos um und ging hinaus. Die Tür schloss sich leise und Wilson stand da, bebend vor Zorn. Er wollte Tritter nie mehr wieder sehen.

+++

Als Wilson am nächsten Abend heim kam, sah es aus, als sei House nichtmal aufgestanden, um zu essen. Der Briefkasten enthielt noch die Tageszeitung und sämtliche Post – das war nicht normal. House holte mit der Zeitung normalerweise auch die Post rein.

Das Wohnzimmer war aufgeräumt und sah unbenutzt aus, alles war dunkel. „House?“ es war still.

Zu still.

Das Frühstück stand unangetastet im Kühlschrank, der Kaffee war in der Kanne auf der Warmhalteplatte eingedampft. „House?“ rief Wilson mit einem unangenehmen Gefühl.

Es kam keine Antwort.

Also riss er die Schlafzimmertür auf. Wilson starrte auf den dunklen Umriss auf dem Bett, der so gar nicht reagierte. Wilson fühlte, wie sich sein Herz zusammenzog. Houses Worte hallten laut durch seinen Geist: ‚ich gehe nicht nochmal in den Knast.’ Er wagte es kaum, den reglosen Körper mit einer zitternden Hand zu berühren, und so knipste er ersteinmal das Licht an.

Ein gequältes Stöhnen war die Antwort „…mach aus…“

Die Erleichterung, die Wilson empfand, war maßlos! „Hast Du getrunken?“ so ganz konnte er sich den Vorwurf nicht verkneifen.

„…Migräne… Licht aus…“ jammerte House.

Sofort ging das Licht wieder aus. „Hast du schon was genommen?“

„… nein…“

Wilson verschwand, kehrte mit der vollen Batterie an Medis zurück und ausreichend Wasser. Er zwang Wasser, Tropfen und Pillen in House hinein und überließ den dann der stillen Dunkelheit des Schlafzimmers.

Dann ging er die Post des Tages durch. Werbung. Die Stromrechnung. Mehr Werbung. Wilsons Kreditkartenabrechnung des letzten Monats. Ein Schreiben seiner Autoversicherung. Ein Brief an House… vom Staatsanwalt.

Wilson wurde übel. So schnell! Vielleicht hätte er sich bei Tritter zurückhalten sollen! //Oh, lieber Gott, bitte nicht…// schwitzend und mit zitternden Fingern öffnete Wilson den Brief, der ihn so gar nichts anging.

Er hielt sich unendlich lange mit dem Briefkopf auf, um nur ja nicht den Betreff und den folgenden Text lesen zu müssen, aber er wusste, dass er es nicht auf ewig hinauszögern könnte. Das Herz schlug ihm bis zum Halse, als er das viel zu gut bekannte Aktenzeichen im Betreff las. Wilson schloss die Augen. Würde das denn nie ein Ende nehmen? Er las…

Dann las er nochmal, buchstabierte sich fast jedes Wort, weil das so unfassbar war. Ein schlechter Scherz? Nein, Juristen hatten keinen Sinn für Humor.

Wilson ging mit weichen Knien ins Bad und übergab sich.

Ging in die Küche und fluchte, weil er jetzt wirklich einen Scotch brauchen könnte. Einen? Eine Flasche!

Wieder ins Wohnzimmer, um die Vorladung zum zehnten Mal zu lesen.

+++

„Dr. Wilson, das kann ich nicht tun. Das darf ich nicht!“ Houses ehemaliger Anwalt hob beide Hände abwehrend. „Ich habe kein Mandat!“

„Sie sollen doch nur mal nachfragen, was die dort mit ‚geänderter Beweislage’ meinen!“ redete Wilson auf den Anwalt ein. „Alles was ich will, ist zu wissen, ob es gut oder schlecht ist.“

„Es tut mir leid.“ der Anwalt schüttelte den Kopf.

„Nur mal nachfragen.“ drängte Wilson weiter „Zwischen Tür und Angel, bei einem Kaffe, in einem Nebensatz?“

„Ich riskiere für sowas nicht meine Lizenz.“

Wilson ging. Er war ratlos. Seit zwei Tagen enthielt er House nun schon diese Neuigkeiten vor, weil er nicht wusste, wie House reagieren würde. Es gab nur einen Ausweg. Er wählte eine Nummer, die er in letzter Zeit nicht mehr sehr oft angerufen hatte. „Hi Stacy, ich bin’s.“

Wilson erklärte Stacy die aktuelle Lage und die Anwältin willigte ein. Auch wenn das nur noch aus Mitleid geschah, so geschah es und das war alles, was Wilson interessierte! Er war unendlich dankbar.

+

An diesem Abend war House zum ersten Mal seit dem Unfall des Mädchens freiwillig aus seinem Zimmer gekommen. Ihm war anzusehen, dass er in den vergangenen Tagen kaum gegessen hatte und völlig übernächtigt war. Die Sache hatte ihn weit mehr mitgenommen, als Wilson zu Beginn gedacht hatte.

„Es sind noch Pfannkuchen da.“ offerierte Wilson. Es kam keine Antwort. House zappte abwesend durch die endlosen Kanäle des Fernsehers.

„Ich kann Dir auch frische machen, wenn Du möchtest. Oder French Toast mit Sirup?“ Wilson fühlte sich, als redete er mit einem seiner terminalen Krebskinder. House ignorierte ihn weiterhin völlig, wie es schien. Die Bilder im TV wechselten jetzt so schnell, dass er kaum noch die Logos der Sender erkennen konnte, wenn er konzentriert hinsah. „House -“

Dann flog die Fernbedienung in hohem Bogen gegen die Wand und gleichzeitig mit den Knall, den sie beim Aufschlag verursachte blaffte House ihn an „Lass mich in Ruhe, Herrgott nochmal!“

Der Ausbruch war so unerwartet, dass Wilson zusammenzuckte, als habe man ihn geschlagen.

House wuchtete sich hoch und begann, durch das Wohnzimmer zu tigern. „Glaubst Du, ich bin suizidgefährdet? Wo sind die Messer? Ich kann mir ja nicht mal mehr ein Brötchen aufschneiden in diesem Scheisshaushalt!“

Wilson wollte etwas antworten, aber House tobte weiter „denkst Du wirkiich ich mache mich kalt, weil ich mal für ne Minute Doktorspielchen machen durfte? Ich kann Dich beruhigen, da gab es bessere Gründe in der Vergangenheit. Ich bin wohl zu feige.“

„Das ist nicht so!“ protestierte Wilson.

„Du musst immer aus allem ein Drama machen Wilson. Ich sage ein Wort, Du extrapolierst den Weltuntergang…“ House brach ab. Seine Augen wurden groß und er starrte Wilson an. Sein Mund war offen, das nächste Wort hing noch aus dem Mund heraus. Sein Hirn funktionierte noch immer hervorragend, seine freie Assoziation hatte ihn mal wieder auf den rechten Weg gebracht. „Was?“

„House…“ Wilson wollte nicht damit herausrücken, bevor er nicht irgendwas Konkretes wusste! Er hatte einfach zu viel Bedenken, dass House all den Stress nicht aushalten würde. War ja deutlich zu sehen, wie sehr ihn schon der Unfall des Kindes mitgenommen hatte. Die leiseste Androhung ECHTER Probleme könnte genügen und das Fass zum überlaufen bringen. Das wollte Wilson auf jeden Fall vermeiden!

„Was ist es?“ knurrte House, der nun vor dem sitzenden Wilson stand und drohend auf ihn herabsah.

„Ich… warte auf einen Anruf von Stacy.“ gab Wilson dann zögerlich zu. Das war keine Lüge, wenn auch nicht die volle Wahrheit. So könnte er vielleicht Zeit schinden, hoffte er.

„Stacy, huh? Wofür? War die Nutte zu teuer?“

„Natürlich nicht!“

„Oh, kann ich die dann im Abo haben?“ als House Wilsons schockiertes Gesicht sah, stieß er vor „Wenn es nicht um kostenlosen, geilen Sex geht, dann willst Du was von der Anwältin, richtig? Was ist hier los?“

Ach, hätte House sich nicht wenigstens ein paar Hirnzellen wegsaufen können? „Ich will nicht unnötig die Pferde scheu machen.“

„Dich hast Du aber schon scheu gemacht!“ ein vorwurfsvoller langer Finger deutete mit einem unmerklichen Zittern auf Wilson.

Der rieb sich den Nacken. „Ich würde wirklich gerne warten, bis sich Stacy meldet.“

„Geht’s um mich?“ bohrte House unerbittlich nach „Wenn es um mich geht, dann hab ich ja wohl ein Recht darauf, es zu wissen!“

Wilson überlegte. House hatte Recht. Eigentlich hatte Wilson kein Recht, House dessen Post vorzuenthalten, wie einem Kind. Aber die Konsequenzen waren nicht absehbar und Wilson hatte davor mehr Angst, als vor House und dessen Zorn. Zumindest im Moment… „Wir warten, bis Stacy anruft.“ Sagte Wilson fest.

„Du kannst warten, bis Du schwarz wirst, ICH nicht.“

„Tja, wenn ich warte, dann bleibt Dir nichts anderes übrig, als mit zu warten, fürchte ich.“ Wilson hielt den Atem an. Das würde mal wieder ein Machtkampf werden. Und diese mentalen Rangeleien verlor er viel zu oft… „Oder willst Du es aus mir herausprügeln?“ als er House knurren hörte, stellten sich bei Wilson die Nackenhaare auf.

House knurrte und packte Wilson dann am Kragen „Ich sollte es wirklich mal tun, weißt Du? Damit Du endlich mal eine Ahnung davon bekommst, wie das ist! Versteck Dich nicht immer hinter der Sicherheit, dass ich DIR schon nichts tue, Wilson. Diese Sicherheit gibt es nicht mehr. Ich beiße. Dein Welpenschutz ist aufgebraucht und meine Instinkte nicht mehr intakt, also reiz mich nicht immer so.“ Er wollte Wilson nicht schlagen, aber er wusste zu gut, dass ihm sehr wohl mal der Kragen platzen könnte und dann würde das ein böses Ende nehmen. Er ließ Wilson abrupt los „Und jetzt raus mit der Sprache!“

Mit klopfendem Herzen musste Wilson erstmal schlucken und mehr als einmal tief Luft holen, bevor er was sagen konnte. Die Stille war im Moment fast ohrenbetäubend. Das einzige Geräusch war sein eigener schneller Atem. Als sein Handy unvermutet klingelte zuckte er vor Schreck zusammen.

+++

Es war Stacy und sie hatte gute Nachrichten! So wie Wilson sich das Schreiben zig Mal durchgelesen hatte, so musste Stacy ihm jetzt alles zwei Mal sagen. House bekam nur die Fetzchen mit, die Wilson so von sich gab und konnte sich nicht wirklich einen Reim darauf machen. Nervös und ungeduldig tigerte er im Wohnzimmer auf und ab, bis Wilson endlich! auflegte.

Wieder stand House vor ihm und blickte finster auf Wilson herab „Und?“

„Ah…“ Wilson schüttelte irritiert seinen Kopf, „ah… setz Dich lieber hin.“

House tat das „Du kannst nicht ohne Drama, was?“

„Die Staatsanwaltschaft nimmt das Verfahren wieder auf. Die Beweislage hat sich bedeutend verändert.“ eröffnete Wilson seine Erklärung, „Es ist wohl so, dass schwerwiegende Beweise unter nicht legalen Umständen beschafft wurden und deswegen nicht hätten verwendet werde dürfen.“ Wilson blickte House die ganze Zeit aufmerksam an, aber da war keine Gefühlsregung zu erkennen.

„Stacy meint, wenn das kein dummer Scherz ist, dann ist es gut möglich, dass sie Dir die Lizenz nur zeitweise entziehen und dass dieser Zeitraum bereits komplett um sein könnte.“ Wilson wollte am liebsten auf dem Tisch tanzen!

„Was für ein Arsch!“ zischte House.

„W-was?“

„Was für ein Arschloch! Selbstgerechter Dreckskerl. Nur weil sein Töchterchen einen Unfall hatte und ich ZUFÄLLIG da war gibt er endlich zu, dass er über’s Ziel hinausgeschossen ist? Aus irgendwelchen miesen kleinen persönlichen Gründen. Dieses bigotte Schwein!“ knurrte House.

„Du wirst jetzt nicht ablehnen, nur um Deinen Kreuzzug zu haben, oder?“ Wilson standen die Haare zu Berge. House ist in den Knast gegangen, weil er nicht klein bei geben wollte, würde er jetzt seine Lizenz nicht wiederhaben wollen, nur aus Prinzip? Der Kerl WAR ein Fall für die Klapse!

House starrte ziemlich lange auf seinen Stock und seine Fußspitzen bevor er dann leise sagte „Was soll ich damit noch anfangen?“

Warum Wilson so erschrak, als er hörte, wie House zugab geschlagen worden zu sein – ganz und gar – wusste er nicht. Das war nicht wirklich eine neue Erkenntnis. Wahrscheinlich war es die Tatsache, dass House das eingestand. „Aber… Du bist Arzt! Du bist das so sehr, dass kein Gesetz Dich davon abhalten kann. House, du bist ein Heiler und sie geben Dir die Möglichkeit, das auch wieder legal zu sein. Greif zu!“ Wilson redete auf House ein, als müsse er ihn vom Rand eines Hochhausdaches zurückholen. „Du musst ja nicht morgen wieder praktizieren, aber Du KÖNNTEST es. Nimm, was Dir zusteht!“

„Was mir zusteht…“ auf einmal flackerte das blaue Feuer in Houses Augen wieder auf „was mir zusteht sind sechs Jahre! Wie werden sie das machen, huh? Lobotomie? Geld? Darf ich Tritter die Fresse polieren? Das kann man nicht zurückgeben, Wilson! Das kann man nicht ungeschehen machen!“

„Ich weiß.“ erwiderte Wilson sanft, „Aber verbau Dir nicht den Rest Deiner Zukunft nur weil Dein Stolz nichts anderes zulassen will, House.“

Wieder folgte langes Schweigen, dass Wilson bang durchzitterte.

„Ich hasse es, wenn Du Recht hast, Wilson.“

 

 

TBC...

 

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