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Disclaimer: this installment is for the sole purpose of entertainment both the author and the readers.
I do not intent to make money of it, so please don't sue me.
All characters unless noted otherwise are the property of Fox.

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Phoenix

Summary: was, wenn Tritter gewonnen hätte und House in den Knast gewandert wäre?

Vega$

Las Vegas. Die am schnellsten wachsende Stadt der USA. Endlose Massen illegaler Einwanderer, Glücksritter, Kriminelle, verkrachte Existenzen. Stadt der Nachtschwärmer, des lichtscheuen Gesindels. Hier gab es immer genug Kundschaft, ausreichen Leute, die einen Arzt brauchten, der keine Fragen stellte, der auch Naturalien als Bezahlung annahm, der billig war.

Zehn Uhr Abends in einem Kellerloch, dass die wenigsten ‚Wohnung’ nennen würden: ein blutender Mann liegt auf einem verbeulten, alten Edelstahltisch und stöhnt vor Schmerzen. Eine chirurgische Zange steckt in einer neuen Körperöffnung, die das Resultat einer Kugel ist. Suchte, tastete, öffnete sich. Die in Latex gehüllte Hand griff kraftvoll zu und zog das Instrument heraus. Haut und Fleisch gaben etwas nach, der Mann auf dem Tisch stöhnte lauter. Dann war die Kugel draußen, gefolgt von einem Schwall Blut.

Zange und Kugel flogen in die Spüle. Zittrige Hände tamponierten die Wunde, fädelten einen Faden in eine chirurgische Nadel und stachen zu. Der Mann schrei, seine Nerven waren zum zerreißen gespannt „Halt’ die Klappe!“ herrschte die raue Stimme den Verwundeten an.

Nachdem die Wunde verbunden war kamen noch ein paar knappe Anweisungen, wie ein Reflex. Sie waren nicht nötig, der Typ war Stammkunde, wusste, wie eine Schusswunde versorgt werden musste. Wusste, was als Bezahlung erwünscht war. Ein Tütchen hing zwischen zwei Fingern.

Stahlblaube Augen starrten darauf. „Das Letzte mal war die Scheiße so verschnitten, ich hätte auch Puderzucker spritzen können.“

„Das ist astreine Ware!“

„Wenn nicht, mach ich Dich das nächste Mal kalt, klar?“

„Das war ein Versehen, Mann. Ich habe in der Eile die falsche Tüte gegriffen.“

„Dann kriege ich noch dreihundert.“

„Du spinnst wohl?“

„Gut, beim nächsten Mal Vorkasse. Und jetzt verpiss dich.“

Briefchen und Geld wechselten endlich den Besitzer.

Der Arzt humpelte zu seinem Schreibtisch und legte beides in eine Geldkassette. Erst aufräumen. Blut wegwaschen, Geräte sterilisieren – schade um den Alkohol, wirklich! Alles wieder ordentlich aufreihen – manchmal ging es hier um Sekunden – wie in alten Zeiten.

//alte Zeiten….// Wie lange war es her? Fünf Jahre? Ja, zwei im Knast, und dann das hier. Erstaunlich, dass er den knast überlebt hatte. Aber nach einem gebrochenen Jochbein und nur vier Vergewaltigungen, hatte man ihn plötzlich in Ruhe gelassen. Jemand gab auf ihn Acht, schien es. Jemand mit Beziehungen. Der Mafia-Anwalt mit dem Schwulen Brüderchen, das KEINE Hepatitis gehabt hatte!. Er hatte alle Besuche abgelehnt, keinen der Briefe geöffnet, hatte die Bewährung abgelehnt, weil er die in New York hätte absolvieren müssen. Er wollte sie nicht sehen. Ihre mitleidigen Blicke, ihr Urteil über ihn., ihre Verachtung.

Und so war er verschwunden.


Das Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken. Kundschaft. Er bekam keinen Besuch, hatte keine Freunde und wollte auch keine. Wenn es an seiner Tür klopfte, dann waren das Kunden. Er humpelte zur Tür und spähte durch den Spion. Nervöse Frau. Jung. Die brachte kein Geld. House ließ den Kopf hängen, bis es erneut klopfte. Dann ging ein Ruck durch ihn und er machte einen Spalt weit auf.

Starrte das halbe Kind an.

„Ich… sie sind House, richtig?“

„Und wenn?“

„Ich brauch’ ´ne Abtreibung. Meine Eltern schmeissen mich raus, wenn sie das erfahren.“

Die Tür ging auf, ließ sie eintreten und schloss sich dann schnell wieder.

„Seit wann?“

„Was?“

Genervtes Augenrollen. Erstaunlich, dachte House amüsiert, dass er immer noch genervt war von diesen Idioten. Dass er scheinbar immer noch auf Intelligenz hoffte. „Im wievielten Monat? Wann war deine letzte Periode?“

„Vor acht Wochen… so ungefähr.“

„Naja, sieh’s mal so, wenn Du mich anlügst, schadest du nur dir selbst.“

„Acht Wochen. Höchstens neun. Ganz sicher.“

„Hast Du Geld?“ er ließ den alten Sektionstisch herunter – sie war nicht besonders groß

„Achtzig Dollar?“

„Leg’s da hin.“ Sein Kopf nickte in Richtung Schreibtisch währen er sich die Hände wusch und alles Besteck zusammensuchte. „Zieh Dich aus. Hose und so und dann setz dich auf den Tisch. Er schnitt lieber Kugeln aus schweren Jungs als Babys aus Frauen, aber ein ungeliebtes Kind hatte keinen fairen Start.

House zog Handschuhe an, bewegte die Finger wie ein Pianist, der sich auf das Spiel vorbereitete. Sie sah ihn an, voller Angst. „Sie sind doch ein richtiger Arzt, oder?“

„Definiere richtig.“ Er positionierte ihre Beine in den nachträglich angebrachten Auflagen. House hatte bald festgestellt, dass Abtreibungen ein notwendiges Übel waren. Und ein bisschen Geld kam auch dabei ´rum.

„Na ja, sie haben das gelernt und so.“ sie zuckte zusammen und verzog das Gesicht, als er das kalte Speculum einführte – es war für alle am besten, wenn die Sache schnell über die Bühne ging.

„Dann bin ich ein ‚richtiger Arzt’, ja. Willst du eine Narkose? Das wird weh tun.“ Er zog eine Spritze auf und injizierte die lokale Betäubung in den Gebärmutterhals.

„Nein.“

Sie fürchtete, er würde dann noch schnell über sie drübersteigen, schätze er. Tja, er hatte in den letzten drei Jahren so viele Muschis gesehen, wie in seinem ganzen Leben vorher nicht! Gesehen. Nicht gehabt. Trotzdem, so ein Kind… machte ihn nicht an!

Er besaß kein Ultraschall und keine Absaugeinrichtung. Die gute alte Ausschabung musste reichen. Sie war wirklich verdammt tapfer, fast kein Ton kam über ihre Lippen. Als er fertig war blickte er wieder auf „Willst du es sehen? Da ist nichts – nur bisschen Gewebe und so. Kein Baby in dem Sinn.“

Sie schüttelte heftig den Kopf.

Sie wollte aufstehen, aber er befahl ihr, noch liegenzubleiben. „Dein Kreislauf braucht noch ein bisschen. Wenn es stark blutet kommst du wieder, klar?“ er gab ihr noch ein paar Verhaltensmaßregeln, dann räumter er schon mal auf, während die Kleine noch auf dem Tisch lag.

„Wenn du meinst, kannst du versuchen, aufzustehen.“ Er stupste sie an, aber sie reagierte nicht. „HE!“ Fuck, sie blutete aus.

Scheiße. Puls? Atmung? Sie war tachykard und atmete flach und schnell. „Verdammt!“ Er konnte es sich wirklich nicht leisten, dass sie hier ex ging! House zerrte sie mit seinem linken Arm vom Tisch und aus der Wohnung.

Vor der Tür parkte sein rostiger Neon. Er stopfte sie irgendwie auf den Beifahrersitz, halbnackt, nur mit dem Slip und ihrer Bluse bekleidet. Dann raste die Karre die Straße entlang zur nächsten Klinik. Er machte einen riesen Aufstand, drückte die kleine einem Pfleger in die Arme und verkrümelte sich dann bei der ersten Gelegenheit.

Das war weit mehr Aufregung, als geplant. Er brauchte eine halbe Stunde, um das Blut wegzuwischen. Ihre Hose stopfte er in den Müll. Jetzt hatte er sich aber was verdient! Prüfte den Reinheitsgehalt – wirklich gute Ware. Löste es auf und zog es in eine neue Einwegspritze. Er war ja nicht doof. Zum Sofa humpeln – nicht, dass er umfiel. Linken Schuh ausziehen, Socke auch und ab mit der Nadel in einen schöne Vene auf dem trockenen Fußrücken.

Gott, war das gut!

Der Schmerz verschwand als erstes, dann kam der Flash.

Nach einer Stunde verließ er die Wohnung und ging in das nahe gelegene Diner. Niemand kümmerte sich um ihn – hier lebten nur die loser.

„Hey, Greg! So früh schon auf?“ witzelte die Bedienung.

Das alte Mädchen hatte auch schon bessere Tage gesehen. Die Schminke war zu grell, zu dick aufgetragen, zu billig. Ihre Titten hatten der Schwerkraft nichts mehr entgegenzusetzen. //ja, das denkt der richtige, nicht wahr, du bist ja Adonis persönlich!// „Leck mich.“ Murmelte er als er auf einen Barhocker kroch.

„danke, mir ist schon schlecht.“ Der Kaffee kam automatisch, schwarz, viel Zucker.

„wir haben noch Zitronenkuchen.“

„Nein.“

„Ach, mach doch, was du willst.“ Sie gab es auf. Er war mal wieder total high. Dann war mit ihm noch weniger anzufangen, als sonst. Als sie wieder hinsah, war er verschwunden, einen Dollarnote neben der vollen Tasse.

Das Kind in ihm hatte irgendwie alles überlebt. Und es war dieses Kind, dass ihn nach Vegas geführt hatte. Die vielen Lichter der Stadt – er konnte sie immer wieder aufs neue bewundern. So auch heute Nacht. Das Mirage mit seinem musikalisch untermalten Wasserspielen faszinierte ihn besonders durch seine wunderbare Eleganz.

+++

Vega$

Las Vegas. Die am schnellsten wachsende Stadt der USA. Endlose Massen illegaler Einwanderer, Glücksritter, Kriminelle, verkrachte Existenzen. Stadt der Nachtschwärmer, des lichtscheuen Gesindels, der Touristen auf der Suche nach einem schnellen Gewinn. Ziel zahlloser Betriebsausflüge, Ausrichtungsort aller Arten von Tagungen.

Alle drei Jahre trafen sich die Mitglieder der Amerikanischen Vereinigung der Onkologen zu ihrer Hauptversammlung. Dieses Jahr in Las Vegas.

Wilson stand am Fenster seines Hotelzimmers im Bellagio. Er hatte ein Zimmer mit Blick auf den Strip und die Wasserspiele vor dem Hotel. Er war einen Tag früher eingetroffen, weil er sich die Stadt ansehen wollte. Er war noch nicht müde genug und beschloss, noch einmal hinauszugehen. Jetzt, im Dunkeln war es doch erst richtig sehenswert, diese Stadt der millionen Lichter!

Gerade auf der Strasse angekommen, führ eine Kavalkade Low-Riders vorbei – komplett mit Flammen, Funkenflug und wildem Wippen. Wilson starrte ihnen fasziniert hinterher – und rempelte einen Passanten so heftig an, dass der in den Zaun knallte.

„Oh, Entschuldigung…“ er drehte sich um und erstarrte. Es waren weniger seine Augen als sein Herz, das die Gestalt erkannte. Ershrockene blaue Augen sahen schnell weg. Der Passant humpelte schnell davon.

„House?“ rief Wilson Keine Reaktion. „HOUSE!“ er verfolgte den Mann. Wenn das House war, würde er ihn nicht wieder entwischen lassen!

+

Wilson hatte vier Stunden vor dem Gefängnis gewartet, Steve im Auto, um House abzuholen. Dann war er hineingegangen, nur um zu erfahren, dass House schon in der Dämmerung ein Taxi genomen hatte.

Er hatte es nie verstanden – alle seine Briefe waren zurückgekommen, alle seine Versuche, House zu besuchen, waren gescheitert.

Er hatte noch etliche tausend Dollar in Privatdetektive gesteckt, aber alle waren zum gleichen Ergebnis gekommen: House hatte in Trenton sein Konto bei Chase Manhatten geplündert und war dann spurlos verschwunden.

Wilson war sogar so weit gegangen, jemanden im Gefängnis zu bestechen, um an alle Unterlagen über House zu kommen. Ihm war klar, dass sein Freund – und er betrachtete House immer noch als solchen – ihm diese Verletzung seiner Privatsphäre nie verbegen würde, aber das war ihm egal.

Die ersten vier Monate hatte House meist in der Krankenstation verbracht - als Patient. Wilson hatte Tränen in den Augen, als er die Berichte las. Zehnmal war der Mann zusammengeschlagen worden, einmal hatten sie sein Jochbein gebrochen, die rektalen Verletzungen sprachen von noch schlimmeren Dingen. Houses ätzendes Mündwerk hatte ihn sicherlich in Probleme gebracht. Danach gab es praktisch bis zur Entlassung keine Einträge mehr.

Wilson hatte eine Weile gebraucht, bis er begriff, dass House – wie auch immer – einen Beschützer gefunden hatte. Hatte er sich verkauft? Unvorstellbar! House war ein so stolzer Mann, er würde sich für niemanden bücken, dachte Wilson.

Nachdem er nun jahrelang House gesucht hatte, würde er ihn nicht entkommen lassen.

+

House war immer noch recht schnell, wenn er es wollte, aber die vielen Menschen behinderten ihn und niemand mit einem kaputten Bein würde James Wilson weglaufen, der regelmäßig joggen ging! Nach zweihundert Metern hatte er House eingeholt.

„House, kennst Du mich nicht mehr?“

„Sie verwechseln mich.“ murmelte der Invalide ohne langsamer zu werden.

„Oh nein! Du bist es, House.“ Er griff nach dem Jackenärmel.

„Verpiss Dich!“ zischte House feindselig.

„Ist das alles?“ fragte Wilson, schwankend zwischen Wut und Enttäuschung, „verpiss dich? Nach all den Jahren ist das alles, was von unserer Freundschaft übriggeblieben ist? Ich hab’ Dich gesucht, House. Überall hab’ ich Dich gesucht!“

House war stehen geblieben. Er riss seinen Arm los und starrte Wilson an „Du bist erbärmlich. Warst Du schon immer. Und jetzt verpiss dich.“ Er war an seinem Wagen angekommen, stieg ein und fuhr davon.

Wilson brachte ein Taxi dazu, dem alten Neon zu folgen. Der Fahrer ließ ihn nicht in der dunklen Seitenstrasse aussteigen, also merkte Wilson sich die Adresse und leiß sich zurück zum Strip fahren.

+++

House schloß hinter sich ab und warf sich auf das Bett. Wie hatte Wilson ihn gefunden? Zufall. Es konnte nur Zufall sein. Er hatte keine Kreditkarten, kein Bankkonto – nichts, was verfolgbar war. House war davon ausgegangen dass Wilson ihn eine Weile suchen würde und als versierter Nutzer des Internet wusste House genug über elektronische Spuren, die man überall hinterließ. Er hatte sich mühe gegeben, unsichtbar zu werden.

Der Schreck, sich so plötzlich Wislon gegenüber zu sehen, war ernüchternd gewesen!

Er würde es nicht ertragen, würde Wilson hier in seiner Bude auftauchen. Das wäre definitiv zu erniedrigend. Zum ersten Mal seit Monaten sah House sich um, registrierte die völlige Erbärmlichkeit seiner Behausung, den Dreck, wurde sich seiner eigenen Verwahrlosung bewusst. Er vegetierte doch nur noch. Operierte Verbrecher, weil er Geld für Essen und den nächsten Schuß brauchte. Weil er zu feige war, seinem erbärmlichen Leben ein Ende zu setzen.

Weil das Kind in ihm immer noch auf ein Ende des Albtraums hoffte.

+++

Er sah auf die Uhr – zu früh für einen weiteren Schuss. Er war süchtig, ja, aber nicht völlig verrückt. Er hatte keine Lust, an Atemlähmung zu krepieren. Es gab angenehmere Wege, sich über den Jordan zu bringen.

House humpelte zur Küchenzeile, die hauptsächlich seinen ‚medizinischen Eingriffen’ diente. Dort stand ein Liter reiner, medizinischer Alkohol. Unvergällt. Teuer. Mit zitternden Händen goss er sich etwas in ein Glas und kippte sich das Zeug hinter die Binde. Trank, bis er sich erbrach und dann das Bewusstsein verlor.

+++

Am frühen Abend des nächsten Tages wurde House aus seinem Schlaf gerissen. Irgendwer war kurz davor, die Tür einzutreten, jedenfalls klang es so. House blickte durch den Spion – Ray Lowe, einer der Schläger des lokalen Mobs.

House machte die Tür auf. Ray war nicht alleine – er zerrte seinen halb bewusstlosen Bruder hinter sich hier.

„Scheiße, House, sie haben auf ihn geschossen! Du musst ihm helfen!“

House blinzelte „Fuck, Ray, da draussen ist alles voller Blut!“

„TU was!“ Ray hatte seinen Bruder Marlowe auf den Tisch gelegt.

House humpelte hin und riß das Hemd auf. Dunkles Blut quoll aus der Schusswunde. „Verdammt, was bringst Du ihn hierher? Der muss auf die Intensiv, du Idiot!“

„Nein! Dann geht er in den Knast. Ich hab’ ihm versprochen, dass er nicht mehr in den Knast muss.“

„Tja, das Versprechen löst Du ja gerade ein. Der krepiert. Los, schaff ihn hier weg, bevor er ex geht. Ich kann hier keine Kalten gebrauchen.“ House Finger zeigte zur Tür.

„Hilf ihm, verdammt noch mal!“

„ICH KANN NICHT! Seine Leber ist zerfetzt, Du Arschloch. Das kann KEINER REPARIEREN!“

Ray zog seine Waffe und drückte sie House gegen die Schläfe. „Du hilfst ihm jetzt!“ drohte er und spannte den Hahn – mehr des Effekts wegen, den dieses Geräusch normalerweise auf die Leute hatte „Oder ich mach Dich kalt.“

House fand das urkomisch und er lachte aus vollem Hals, als es an der Tür klopfte.

„Wer ist das?“ fragte Ray nervös.

„Woher soll ich das wissen?“ schließlich hatte er auch keine Röntgenaugen!

„House, mach auf! Ich gehe hier nicht weg.“

„Wer ist das?“

„Irgend ein Arschloch, keine Ahnung.“ //oh Wilson, Dein Gefühl für Timing war schon immer miserabel!// dachte House.

„So geht man nicht mit Freunden um, House!“ Wilson würde nicht gehen, das wusste House – er hatte ihm jahrelang beigebracht, dass man bei ihm sehr beharrlich sein musste, um eine Reaktion zu erzielen.

„Ich weiß nicht, was Sie wollen. Verpissen Sie sich!“ brüllte House, nur um gleich danach zu wimmern – sein Kopf schmerzte barbarisch.

Ray hatte eine Eingebung. Die Knarre verschwand von Houses Schläfe und der Mafiosi riss die Tür auf, zerrte den völlig überraschen Wilson am Kragen hinein, warf ihn auf den Boden und richtete die Waffe nun auf Wilson. „Hilf ihm, oder ich knall DEN hier ab!“

House rollte die Augen. Diese Idioten überall. „Ray, Dein Bruder hat einen Leberdurchschuß. Ohne Leber kann er nicht leben. Ich kann NICHTS FÜR IHN TUN, DU VOLLIDIOT!“

Der Schuss war ohrenbetäubend laut, ihnen klingelten die Ohren und House machte sich vor Schreck fast in die Hose, aber weit schlimmer war Wilsons Schmerzensschrei! Ray hatte ihm in den Fuß geschossen. House glotzte auf Wilsons Fuß, auf das Blut. Wilsons Blut. Wilson, dieser Idiot! Ray, dieses unglaublich dämliche Arschloch! Und er mittendrin.

Der Typ würde ernst machen, das stand nun fest. House würde nicht ausprobieren, wohin der nächste Schuss gehen würde! „OK, ich versuch’s.“ er schnitt Marlowe die Kleider vom Leib, um seinen Willen zu zeigen. Dann holte er Verbandszeug hervor und reichte es Wilson. Der war bleich und fassungslos, zeigte Anzeichen von einem Schock. House hoffte, Wilson würde sich verarzten können. Andererseits: ein Fuß war kein vitales Organ – er könnte sich später drum kümmern.

Auf der Seite zeigten sich bereits die Verfärbungen der Einblutung. „Ray, wenn irgendwas ihm hilft, dann ein Krankenhaus. Er hat viel Blut verloren. Noch ein bisschen und er fällt in einen Schock.“ Trotzdem tamponierte er die Wunde, als ob das irgendwas ändern könnte.

Die Sirene draußen erschreckte alle erneut.

„Du hirnloser Wichser, hast mir die Bullen auf den Hals gehetzt! Keifte House. Er wollte zum Fenster, aber Ray zielte sofort wieder auf Wilson „Bleib, wo du bist, House!“

Es klopfte an der Tür, „Polizei, aufmachen!“

„Ich hab’ hier zwei Geiseln!“ brüllte Ray in Richtung Tür. „Und ich bin bewaffnet.“ Zum Beweis schoss er in die Decke.

House stand bei dem verletzen. Er sagte sich, es sei gerade kein guter Zeitpunkt, um Ray vom Tod seines Bruders zu unterrichten und schwieg daher.

+++++++++++++++++++++++

Wilson saß auf dem Boden, das Herz schlug ihm bis zum Hals und sein Fuß schmerzte fürchterlich. Bis jetzt hatte er keine Zeit zum Denken gehabt, aber so langsam begann er, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Er griff unauffällig in seine Tasche, wählte 911 und manövrierte sein Handy hinter seinen Rücken. Das ‚Arschloch’ war zu beschäftigt, um alles im Blick zu halten.

Wilson versorgte seinen Fuß notdürftig und sah sich um. Wo, zur Hölle, war er hier gelandet? Es war schmutzig, er ekelte sich vor dem Boden, auf dem er saß! Offensichtlich war dies eine Art illegale Praxis. Liebe Güte, was war nur mit House passiert in diesen drei Jahren? In der hintersten Ecke stand ein Bett – House schien tatsächlich in diesem Loch zu hausen.

Und nun war er in der Gewalt eines völlig durchgedrehten Geiselnehmers, der House unter Druck setzte, indem er auf ihn schoss! Wilson hatte noch nie in den Lauf einer Schusswaffe geblickt und nun war er tatsächlich ANGESCHOSSEN worden! Immerhin schien das auf House einen gewissen Eindruck zu machen. Das alles hätte vermieden werden können, wenn dieser stolze Sturkopf eben nicht so stolz und stur wäre!

+++

„Los, da rüber mit euch. Alle Beide!“ Ray dirigierte House und Wilson in die hinterste Ecke wo das siffige Bett stand. House ließ sich darauf fallen und saß dann da, den stumpfen Blick auf den Boden gerichtet. Immerhin, einige Verhaltensweisen waren geblieben. Wilson sah ihn von der Seite an – House sah verlottert aus und ausgemergelt.

Es stellte sich ein leises Zittern ein, dass House bald nicht mehr verbergen konnte. Wilson fragte sich, ob der Mann Angst hatte – der hatte sich früher nicht vor dem Teufel gefürchtet! Aber dann sah er den Schweiß und ihm wurde klar, dass House auf Entzug war – von was auch immer.

Da House kein Telefon besaß, verhandelten die Polizisten per Megaphon mit dem Mafiosi, der durch die geschlossene Tür zurückbrüllte. Das zerrte an den Nerven und machte die aufkommenden Entzugserscheinungen noch schwerer zu ertragen. Schließlich stand House auf.

„Setz Dich HIN!“ sofort war die Knarre wieder auf Wilson gerichtet.

„Ich brauch was. Mir geht’s nicht so gut.“

„Das ist mir scheißegal!“ blaffte Ray.

„Du willst sicher keinen Junkie auf Turkey hier drin haben, glaub mir. Mann, nur einen Schuß.“ House schwankte zwischen Bitten und Zynismus.

„OK.“

Er ging zu seinem Schreibtisch und bedauerte es zutiefst, dass er keine Waffe besaß! Ray war offensichtlich völlig durch den Wind, dass er so einen Fehler beging! House zog eine Schublade auf und nahm eine steril verpackte Spritze und ein kleines Glasfläschchen heraus, Er setzte sich zurück auf’s Bett und zog eine Dosis Hydrocodon auf. Er hatte keinen Nerv, jetzt Heroin zuzubereiten. Das hier würden sie kaum übeleben, dachte er trocken. Nun ja, dann war’s das eben. Nur um Wilson tat es ihm wirklich leid. Der Idiot war voller Hilfsbereitschaft blind in diese Scheisse ´reingesolpert.

„Blödes Arschloch.“ Murmelte House. Er zitterte derart, dass er die Vene auf dem Handrücken unmöglich treffen konnte.

„Gib her!“ Wilson griff nach der Spritze.

Noch immer vertraute der ehemalige Top-Diagnostiker seinem ex-Freund so sehr, dass er ihm die Spritze überließ. „Stimmt die Dosis?“

Houses Blick sagte deutlich: ‚ich bin ja kein Idiot!’ und so injizierte Wilson das Zeug widerwillig. House seufzte dankbar auf. Sobald er wieder ruhiger war, zog der die Spritze erneut auf – bis zum Anschlag. Wilson bekam große Augen.

Ray schoss gerade wieder in die Decke, um seine Forderungen zu untermauern.

„Dreii.“ Murmelte House

„Was?“

„Das war der dritte Schuß. Er hat eine Beretta, also höchsten noch zehn Schuss. Er war in einer Schießerei, da hat er sicher einiges verballert. Mehr als fünf Schuss hat er nicht mehr. Jede Wette.“

„bist Du wahnsinnig? Was hast Du vor?“

„Nichts.“ war die verstockte Antwort.

Die Situation zerrte an ihren Nerven und Wilson versuchte krampfhaft, sich irgendwie abzulenken . „Was tust Du hier, House?“ fragte Wilson.

„Wonach sieht’s denn aus? Ich verdiene Geld mit dem, was ich nun mal gut kann.“

„Du nimmst Drogen – Du bis völlig fertig. Sieh Dich doch an!“ Wilson konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Du bist halb verhungert und haust in einem Rattenloch.“

„Halt’s Maul.“ Knurrte der Nephrologe.

„Warum tust Du Dir das nur an? Du hast Freunde, das weißt Du doch!“

„Du bist erbärmlich, Wilson. Völlig erbärmlich. Und jetzt halt die Fresse!“ House konzentrierte sich auf Ray und dessen lautstarke Verhandlungen mit den Cops.

Wilson schwieg verletzt. Nach einer Weile, die Wirkung der Droge hatte House in einen normalen Betriebszustand zurückversetzt, interessierte er sich für Wilsons Fuß. Er untersuchte ihn routiniert, was Wilson jedoch Schmerzen verursachte, weshalb der seinen Fuß wegzog.

+

House hatte sein Zeitgefühl verloren. Nach einer geschätzten Stunde stand er auf. Machte darum mehr Aufhebens, als nötig, denn er wollte bemerkt werden. Sein Plan war nun fertig. Mit etwas Glück konnte er Wilson retten.

„Hinsetzten!“

„Ich muss pissen.“ Erklärte der Arzt ungeduldig und humpelte einen Schritt in Richtung Bad.

„Du bleibst hier!“

„Soll ich in die Spüle schiffen oder was?“

„Mir doch egal.“ Ray spähte aus dem kleinen Fenster „Noch einen Schritt näher und ich knalle eine Geisel ab!“

„Verwichster Hurensohn.“ Schimpfte House, humpelte aber in Richtung Spüle. Er pisste tätsächlich, Wilson konnte es nicht glauben, drehte das Wasser auf und machte kehrt. Und dann sprang er mit allem Mut, den er hatte auf Ray und rammte dem die volle Spritze in die Halsvene. Sein Daumen presste die Ladung in die Blutbahn – es würde einen Elefanten flach legen.

Ein scharfer Ruck riss durch seinen Körper und er taumelte nach hinten, verlor das Gleichgewicht und fiel auf den Rücken. Verwundert blickte er an sich herab und sah voller Erstaunen den sich ausdehnenden Blutfleck auf seiner rechten Brust. Das Atmen fiel schwer, stellte er fest.

Ray sank nicht weit entfernt in Zeitlupe auf den Boden und Wilson kam in lustigen, langsamen Sprüngen näher.

„Oh Gott, House!“ Wilson untersuchte die Verletzung und tat, was er mit den geringen Mitteln hier tun konnte. Er schrie nach einem Krankenwagen.

„Tut… gar nicht weh, Jimmy.“ seine Stimme gurgelte mit dem Blut, dass sich in deiner durchschossenen Lunge sammelte, auf seinem Gesicht lag ein verwunderter Ausdruck. Dann wurde es endlich dunkel, House stürzte sich der Finsternis entgegen.

Wilson hielt House in einer halb sitzenden Position, um dem Verletzten das Atmen zu erleichtern. Er spürte Houses heißes Blut sein Hemd durchdringen. „Halt’ durch, House. Gleich kommt Hilfe.“ Er flüsterte das wie ein Mantra. Die Polizisten um ihn herum nahm er kaum wahr.

House starb! Er hatte ihn endlich gefunden und nun verblutete er in seinen Armen… das Schlimmste war aber, dass er nichts tun konnte.

Als die Sanitäter eintrafen, mussten sie ihn mit sanftem Zwang von House trennen. „Sir, wir nehmen Sie jetzt mit. Sir?“ sanftes schütteln seiner Schulter, „Sir, hören Sie?“

„W-was?“ seine Augen blieben stets auf House gerichtet.

„Wir bringen Sie jetzt in ein Krankenhaus“ der Sanitäter versuchte, den Mann zum Gehen zu bewegen, aber der starrte auf das Gewusel um House herum. Ein Defi piepste, Houses Gestalt zuckte. Noch mal. Wieder nichts. „Los, Greg, Du schaffst das!“ flüsterte Wilson. Noch eine Chance…noch einmal, dann würden sie aufgeben. „STIRB JETZT NICHT“ brüllte Wilson mit aller Kraft. Houses Körper zuckte – und sie taten was! Sie hatten wieder einen Puls. Wilson kämpfte um seine Fassung, während die Sanitäter House wegschafften.

„Ich will in das gleiche Krankenhaus.“ Sagte Wilson mit plötzlicher Bestimmtheit und humpelte hinaus zu den Ambulanzfahrzeugen.

+

Sein Fuß war relativ schnell versorgt. Die OP dauerte eine Halbe Stunde und Wilson durfte den Aufwachraum bald mit zwei Krücken verlassen. Sie hatten den dritten Mittelfußknochen mit einem Stahlstift erzgänzt, wo die Kugel ihn weggefetzt hatte. Die Prognose war gut, er würde wieder völlig genesen und ausser dem Metall im Körper nichts zurückbehalten.

Er wollte nur zu House, aber da waren Ermittler, die ihn mit Fragen löcherten. Wilsons Vertrauen in die Behörden war auch durch Tritter nicht erschüttert worden. House hatte damals Mist gebaut.

„Er war Arzt, sagen Sie?“ der zerknautschte Cop machte sich Notitzen. Wenigsten wussten sie nun, wer der Typ im OP überhaupt war.

Wilson nickte. „Man… hat ihm die Approbation entzogen. Er hatte ein Problem mit seinen Schmerzmitteln.“

„Ach, Sie meinen, er war schon damals ein Junkie?“

„Er war KEIN JUNKIE!“ blaffte Wilson aufgebracht. „Er hat schwere, chronische Schmerzen. Bei Opiaten und verwandten Wirkstoffen ist eine Gewöhnung und Toleranzbildung nicht zu vermeiden. Er brauchte mehr als ich ihm guten Gewissens verschreiben konnte.“

„Ach, sieh mal an, Sie waren sein behandelnder Arzt?“

„Hören Sie, was soll das?“ fragte Wilson müde. Er rieb sich die Schläfen, „Wenn Sie das alles wissen wollen, dann lesen Sie doch in der Akte nach. Über die Gegenwart kann ich Ihnen leider nichts sagen, denn ich hatte ihn ja gerade erst getroffen.“ Wilson war die hämischen Fragen leid. Aber der Cop ließ sich natürlich nicht sagen, was er zu tun hatte.

„Unsere Leute haben in der Wohnung jede Menge medizinisches Besteck gefunden. Es scheint, ihr Freund hat sich durch das Fehlen der Approbation nicht sonderlich stören lassen.“

Wilson zögerte. Er wollte nicht lügen! Aber er wollte auch House nicht schaden. „Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, Detective.“ kam seine zögerliche Antwort.

„Mal sehen: da ist ein Arzt ohne Lizenz, bei dem ein toter Mafiosi auf einem Seziertisch liegt. Überall medizinische Geräte, Skalpelle, Nadeln, Infusionen, Illegaler Medikamentenbesitz, jede Menge blutiger Sachen im Mülleimer vor der Haustür. Ich würde sagen, wir haben es hier mit einer illegalen Praxis zu tun. Mal ganz abgesehen von den Drogen, die wir gefunden haben.“

„House war ein wirklich guter Arzt!“ beharrte Wilson. „Und sie werden ihn schon selbst fragen müssen, was vorgefallen ist, denn ich weiß es nicht!“

„Was wollten Sie denn dann dort? Ihm sein Rezept bringen?“

„Nachdem Dr. House -“

„Mr. House.“ Korrigierte der Cop.

„Oh, nein. Er hat keine Lizenz mehr, aber er ist immer noch ein Doktor der Medizin und das kann ihm niemand wegnehmen!“ Wilson würde es nicht zulassen, dass sein Freund noch weiter erniedrigt würde! „Nachdem DOKTOR House aus dem Gefängnis entlassen wurde, ist er verschwunden. Ich habe lange nach ihm gesucht und hier – ich bin gestern über ihn gestolpert. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich… Ich wollte ihn nicht wieder entwischen lassen.“

„Sie werden noch aufs Revier kommen müssen, um ihre Aussage zu Protokoll zu geben, Dr. Wilson. Und verlassen Sie nicht die Stadt.“ Der Cop gab Wilson seine Karte und ging.

„Ganz sicher nicht.“ murmelte Wilson. Ohne House würde er nicht gehen!

+++

Dumpfe Geräusche.
Nicht identifizierbar.
Müde…
Schwärze.
Nichts.

Geräusche.
Verdammt, es gab doch ein Leben nach dem Tode! Wäre er mal ein besserer Junge gewesen – er schmorte sicher in der Hölle, so wie sein Alter, das Dreckschwein.
Schmerz.
Na toll. Klar, in der Hölle musste man leiden. Machte Sinn. Leider.
Licht – viel zu grell, schmerzte in seinen Augen, in seinem Kopf.
Er wollte stöhnen, aber das ging nicht.
Statt dessen würgte er furchtbar – etwas steckte in seinem Hals, zwang ihm einen Rhythmus auf, der nicht seiner war.
Äußerer Zwang war ihm total verhasst!

Dann ein Moment der Klarheit:

Scheisse.
Er war nicht tot!
Gottverdammte verfickte dreckskack Scheiße!
Wilson….
Sie hatten ihn gerettet.
Ray hatte ihn nicht ordentlich genug getroffen!

„Bist Du wach?“ fragte eine Stimme in seiner Nähe. Das Objekt seiner Wut war da! House drehte den Kopf in Richtung der Stimme und öffnete seine Augen. Er wollte ihn schlagen, aber er war zu schwach, hatte kaum Kontrolle über seinen Körper. Er schaffte es gerade, Wilson einen Finger zu zeigen.

„Du hattest einen Lungendurchschuss. Sie haben Dich drei Stunden operiert. Du wirst leben.“ Wilson strich eine Strähne aus seinem Gesicht.

House ballte die Fäuste. Er wäre klasse krepiert – schmerzfrei leergelaufen. Aber nein, Wilson Wonder-Boy musste ihn ja retten. Unfähig zu reden, starrte House Wilson bitterböse an.

Er versuchte noch einmal, Wilson wenigstens zu schlagen. Ein metallisches Geräusch ertönte und sein Arm wurde zurückgehalten. House starrte nach unten: er war mit einer Handschelle angekettet!

House presste ein Grunzen am Tubus vorbei und hustete schrecklich. Au, das tat höllisch weh!

„Hör auf! Du bist frisch operiert, Du reisst alle Nähte auf!“ Wilson rief nach einer Schwester, die drückte auf einen Knopf an einer Dosiervorrichtung und House versank wieder in einen dumpfen, warmen Dämmerzustand.

+++

Als er das nächste Mal aufwachte, atmete er in seinem eigenen Rhythmus. Seine Luftröhre war frei, aber das Schlucken schmerzte noch. Vorsichtig prüfte er seine Beweglichkeit und fand, dass er immer noch angekettet war. Als ob er irgendwem weglaufen könnte!

Leider merkte das Personal bald, dass er wach war und – es war nicht anders zu erwarten gewesen – ein Bulle tauchte auf. Der Typ war in Zivil, aber House erkannte Cops mittlerweile auf hundert Meter Entfernung. House starrte durch den Typ hindurch.

„Schön, dass Sie mal aufwachen.“

//arschloch// dachte House.

„Sie haben unseren Jungs da draußen die Arbeit leicht gemacht. Aber jetzt ist er tot. Das sieht nicht gut aus für Sie.“

//fick dich.//

„All die Drogen, die wir gefunden haben – Mann, Sie sind gut ausgestattet gewesen! Das gibt schon ein paar Jährchen… ganz zu schweigen von Ihrer nicht ganz legalen Praxis.“ Der Cop schlürfte seinen Kaffee. House lief das Wasser im Mund zusammen. „Sie werden sich die nächsten zehn Jahre wieder ganz schön bücken dürfen, das ist Ihnen klar, oder?“

Aha, sie wussten also, dass er ein ex-Knasti war. Und sie hatten sich offensichtlich mehr Informationen besorgt, als legal war. // nicht noch mal…//

„Kennen Sie die Kleine hier?“ der Cop hielt ihm ein Foto hin. House erkannte das Gesicht seiner letzten Abtreibung. Das Bild war offensichtlich ein Obduktionsfoto. //Scheisse.// das war nicht seine Woche, so viel stand schon mal fest.

„Die im Krankenhaus haben Sie auf einem Foto wiedererkannt. Hmmmm … mal sehen… mindestens Totschlag in einem schweren Fall, vielleicht sogar Mord zweiten Grades. Oh Mann, Sie kommen da nie mehr raus!“

Sie konnten ihm das mit dem Mädchen nicht anhängen! Er hatte sie ins Krankenhaus gebracht, ja. Das war nicht strafbar. Ray – nun ja, Ray war eine andere Sache. Wilson war ein miserabler Lügner, und der hatte wahrscheinlich überhaupt kein Interesse, für ihn zu lügen. House holte tief Luft – oh, das tat noch weh.

„Ja? Sie wollten was sagen?“

House schloss die Augen. Hatte keine Lust mehr auf dieses Geschwafel. Die wollten ihm nur Angst machen!

„Was machen Sie hier?“ ah, da kam Wilson Wonder-Boy!

„Oh, ich wollte nur sehen, wie es ihrem fixenden Doktor-Freund so geht.“

„Sie dürfen gar nicht hier sein! Er ist nicht vernehmungsfähig und es ist kein Anwalt hier.“ Wilson klang wütend. Offensichtlich hatte Wilson sich mit Prozessrecht befasst. „Raus hier!“

House hielt seinen Mittelfinger hoch und freute sich daran, dass der Cop das sah und sich offensichtlich ärgerte.

+

„Du kannst nicht anders, was?“ Wilson schüttelte den Kopf. „Das ist nicht klug, die Polizei gegen Dich aufzubringen.“

House rollte die Augen. War Wilson tatsächlich so naiv? „Die sind schon… gegen mich.“ flüsterte er rau.

„Die müssen erst mal Deine Schuld beweisen.“

„Du… Idiot! Das gilt nicht … für Knasties.“

„Oh, ist die Verfassung geändert worden?“

House holte Luft und verzog das Gesicht schmerzhaft.

„Hast Du Schmerzen?“ Wilson war sofort im Glucken-Modus.

„Du Arschloch!“ giftete House ihn an „Ist doch nur wegen Dir!“

„Was?“ Wilson verstand nicht

„Könnte so schön tot sein, jetzt. Aber Du, Du blöder Wichser, musst ja den Helden geben.“

„Schön tot?!?!?! Hast Du den Verstand verloren?“ er hatte sicher keine Dankesrede erwartet, aber dass House wütend war, WEIL er noch lebte – das hatte Wilson nun wirklich nicht erwartet!

„Du hast gut reden!“ House regte sich wieder auf und es schmerzte in seiner Brust. „Schau mich doch an: ein Krüppel, ein Junkie, Knastbruder, ´n Arzt ohne Lizenz, der am Fließband Abtreibungen macht. Ich bin nicht mehr der, der ich war, Wilson. Du jagst ein Phantom. Geh heim in deine schöne Welt. Meine ist nichts für Dich.“

„Ich gehe ohne Dich nicht hier weg!“

„Blah, blah ,blah.“

„Ich hab’ nie aufgehört, Dein Freund zu sein.“

„Bitte! Kannst Du Dich hören? Heul doch, machst Du sonst auch immer.“

„Du bist ein Arschloch!“ Wilson stürmte hinaus – er wollte House nicht die Tränen zeigen, die diese Worte hervorriefen. Vielleicht sollte er wirklich aufgeben? Der Mann da drin war nicht mehr sein Freund von damals.

Verhandlung

Wilson organisierte einen Strafverteidiger. Nach zehn Minuten hatte der genug von dem schweigenden Mann und ging wieder. Den zweiten beschimpfte House so lange, bis er ebenfalls aufgab. Als Wilson nicht mehr weiter wusste, rief er Stacy an, damit sie ihm eventuell einen Namen geben konnte.

Drei Stunden später hatte Wilson einen weiteren Juristen engagiert. Der Typ sah selbst eher aus wie ein ex-Knasti als sonst was, aber Wilson hatte wenig Wahlmöglichkeiten.

Anwalt Myers setzte sich in aller Ruhe zu House und nachdem etabliert war, dass House nichts sagen würde, blätterte er gemütlich die Akte durch und begann dann, ein Schreiben zu diktieren.

„…den Vorwurf des Betriebs einer illegalen Praxis bestreiten wir mit Nichtwissen. Mein Mandant hat vielmehr….“

House hörte zu. Was sollte er auch sonst machen? Immerhin, der Typ war gut – wenn er damit durchkam, dann würden sie House kaum mehr vorwerfen können, als dass er einen Verbrecher in Notwehr mit einer Überdosis getötet hatte. Ach ja, und natürlich der Besitz eben dieser Droge. Letzteres war schon bisschen blöde.

Als der Anwalt nach fast zwei Stunden aufstand, meinte er lapidar „Ich denke, Sie kommen mit zwei Jahren davon.“

//noch mal zwei Jahre!//

„Warten Sie!“ er rasselte mit der Scheiß-Handschelle. „Wenn ich mich in allem schuldig bekenne – krieg’ ich dann die Spritze?“

„Wie bitte?“ Myers sah House an, als ob der gerade noch zwei Köpfe bekommen hätte.

„Besteht die Chance auf die Todesstrafe, ja oder nein?“

„Sie haben doch niemanden umgebracht!“

Scheiße aber auch!

+

Zu Wilson meinte Myers: „Der Typ da drin, der braucht keinen Anwalt, der braucht einen Psychiater!“

+++

Die Vorverhandlung kam. House war angeklagt wegen Totschlag in einem minder schweren Fall, illegalem Besitz von Betäubungsmitteln, einem Verstoß gegen das Abtreibungsgesetz und wegen des Betriebes einer illegalen Praxis.

Wieder hatte er seit er in das Untersuchungsgefängnis überstellt worden war, alle Versuche Wilsons abgewehrt, ihn zu sehen. Er hatte die Kleider abgewiesen, die Wilson ihm besorgt hatte. Und so war Wilson erschrocken, House wiederzusehen. Die Anstaltstracht flatterte um seine abgezehrten Glieder, er kam, gestützt auf einen Gerichtsdiener, weil man einem Gefangenen keine Waffe in die Hand gab – nicht einmal einen Gehstock.

Es dauerte nicht lange – House schwieg stoisch, starrte Löcher in die Tischplatte währen sein Verteidiger sich mit dem Staatsanwalt über die Anklagepunkte stritt, Verfahrensfehler geltend machte, all die Tricks und Winkelzüge, die einen guten Strafverteidiger ausmachten.

Der Termin für die Hauptverhandlung wurde auf zwei Wochen später festgelegt.

+++

Sie hatten seine Aussage wieder und wieder geübt, aber Wilson war trotzdem nervös. Als sie ihn hereinriefen und vereidigten, fühlte er Houses Blick auf sich ruhen, spürte, wie die blauen Augen Löcher in ihn brannten. Löcher der Wut, des Hasses.

Denn Wilson war hier, um Mitleid zu heischen. Wilson war im Zeugenstand, um aller Welt zu erzählen, welche wenigen Dinge er über Houses Kindheit erfahren hatte, um allen überdeutlich aufzuzeigen, dass er ein erbärmlicher Krüppel war. Um House endgültig und total zu erniedrigen und vor aller Welt bloß zu stellen. Zumindest war das Houses Sicht.

Zum Teil war das auch wahr. Wilson WAR hier, um die Leute weichzukochen. Aber er war auch da, um verständlich zu machen, dass House mit all seinen Fehlern ein hervorragender Arzt war, der alles tat, um seinen Patienten das Leben zu retten.

Aber das wütende Schweigen auf der Anklagebank brachte ihn aus dem Konzept und Wilson war sich nicht sicher, ob er das Kreuzverhör mit dem Staatsanwalt nicht völlig versaut hatte.

Was House nicht wusste, bis der Zeuge aufgerufen wurde war, dass Wilson einen Psychiater eingeschleust hatte. Einer der Pfleger war nicht wirklich nur ein Pfleger gewesen. Sie hatten ihn gelinkt! Und jetzt erkannte er, was hier gespielt wurde:

Sie würden ihn in die Klapse stecken! Ein Schild umhängen, auf dem ‚Irrer’ stand und wegsperren.

Und so kam es.

Direkt nach der Verhandlung wurde er in eine gesicherte Anstalt verlegt, in einen Flügel mit harmlosen Irren, die er mit seinen ätzenden Kommentaren zum heulen bringen konnte. Wilson hatte an allen möglichen Fäden gezogen, um das hin zubekommen. Ihm war klar gewesen, dass House eine weitere Gefängnisstrafe nicht überleben würde. Die Psychiatrie war der einzige Ausweg, der Wilson zeit genug gab, sich etwas auszudenken.

Verwahrung

Es war die vierte Woche, die House in der geschlossenen Abteilung verbrachte. Und wie alle Tage zuvor verweigerte House jegliche Kooperation. Es saß da und starrte Löcher in den Boden oder zupfte an seiner Kleidung herum.

Diese Tolle Kleidung! Da er als suizidgefährdet eingestuft war, lebte er in einem Flügel, in dem fast nichts geboten wurde. Weil sie ihm keine vernünftigen Schuhe gegeben hatten, lief er barfuss. Das war sein Kleinkrieg. Die Pfleger zogen ihm zehn Mal am Tag wieder die Socken und Schuhe an und er zog sie immer ein Mal mehr wieder aus. Kein Gürtel, statt dessen ein Gummibund in der Hose. Keine Spiegel im Bad. Lediglich eine Polierte Metallplatte – sorgsam in die Fliesen eingepasst. Alle Fenster waren mit dichtem, festem Drahtgeflecht gesichert – es war ein Gefängnis, es hieß nur nicht so! kein zugängliches Stromkabel, keine erreichbare Steckdose. Völlige Überwachung, keinerlei Privatsphäre, rund um die Uhr. Nicht mal einen runterholen konnte man sich ohne dabei beobachtet zu werden!

Keine Musik. Ja, es gab Lautsprecher, die den ganzen Tag quäkten, aber keine vernünftigen Instrumente. Alles Gute war ja zu gefährlich: Klavier, Gitarre, Keyboards. Die verfügbaren Bücher waren Dreck und die Beschäftigungsangebote eine Zumutung. So saß er stundenlang da und spielte im Geiste Musik.

Er stand morgens nur auf, weil die Pfleger ihn aus dem Bett holten und das dann für den Tag hochklappten. Er hatte sich auf völligen passiven Widerstand verlegt, denn hier zu sein passte ihm ab-so-lut nicht.

Er wartete auf seine Chance. Irgendwann würde sie kommen.

Nach drei Monaten in dieser Isolierten Hölle wurde er ohne Ankündigung verlegt. Sie brachten ihn in ein Flugzeug der US Marshals, wo er mit anderen Verbrechern auf seinem Sitz angekettet wurde. Verflucht, hatten sie jetzt doch beschlossen, ihn in einen normalen Knast zu stecken? House betete um einen Flugzeugabsturz, eine Entführung, irgendwas, was die reguläre Landung verhindern würde.

Leider ist Luftfahrt eine der sichersten Formen der Fortbewegung und so erlebte House drei Zwischenlandungen, bei denen Gefangene ausgetauscht wurden – nur er und zwei richtig üble Burschen blieben die ganze Zeit an Bord. Wo ging es nur hin? Nach Osten, soviel war klar. Aber wo genau? Auf jeden Fall konnte er sein Testament machen, wenn es das gleiche Gefängnis würde, in das die beiden Ober-Fieslinge sollten. Wenn die exemplarisch waren für die Besatzung, dann würde er nie mehr von den Knien hochkommen. House gab sich eine Woche. Gut, eine Woche konnte verdammt lang sein, aber es war ein absehbarer Zeitrahmen. Und vielleicht konnte man es beschleunigen? Man musste nur dem richtigen Bruder in die Eier treten, dann war man tot, so sicher wie das Amen in der Kirche.

Es wurde schon dunkel, als man ihn endlich loskettete. Er wurde in einen separaten Wagen verbracht. Immerhin, dann kam er nicht mit den richtig Bösen zusammen. Nach zwei Stunden Autofahrt kamen sie an. House hatte die ganze Zeit aus dem Fenster gestarrt, aber im Dunkeln sahen alle Orte irgendwie gleich aus.

Als sie anhielten und er sah, wo er war, wollte er nicht aussteigen. Und diesmal beschränkte House sich nicht auf passiven Widerstand! Auf keinen Fall würde er HIER aussteigen! Aber sie waren zu dritt und nicht gefesselt. Und sie waren viel stärker als er. Und so stand er schließlich vor dem Bau der Psychiatrischen Anstalt von Trenton – einen Steinwurf von Princeton entfernt.

House wusste nur zu gut, wem er das zu verdanken hatte: Wilson. Dieser erbärmliche Wichser war nicht abzuschütteln.

Oh, wäre er doch nur tot!

+++

Auch hier machte House mit seiner total passiven Verweigerungshaltung weiter. Der Laden hier war dem in Vegas so ähnlich, hätte er es nicht gesehen, House hätte glauben können er wäre nie verlegt worden. Nur der Tonfall des Personals war… vertrauter und er hatte ein eigenes Zimmerchen.

Als ob es nicht reichte, gab es hier Therapie-Sitzungen. Jeden verfluchten Tag eine Halbe Stunde bei Dr. Stern. Jeden Tag eine halbe Stunde lang bewusstes nicht-zuhören, nicht reagieren, nicht antworten. Manchmal war das anstrengend.

House versuchte, NSAIDs zu bunkern. Nach dem Krankenhaus hatte man ihn auf Suchtfreie Schmerzmittel umgestellt. Da man sich letztendlich mit allem über den Jordan befördern konnte, es war nur eine Frage der Menge, sollte es auch damit gehen. Leider waren die Rationen streng überwacht und es verstärkte seine Schmerzen, wenn er sich davon immer etwas absparte.

Aber sie fanden sein Versteck und nahmen sie ihm alle weg. Ab da wurde sogar seine Mundhöhle kontrolliert, um sicher zu gehen, dass er alles immer gleich schluckte. Sein Zimmer wurde regelmäßig durchsucht. Es war aussichtslos. Bei guter Pflege würde er hier drin Siebzig werden!

Auf dem Tisch von Dr. Stern lag heute ein Exemplar von ‚Medicine Monthly’ und House versuchte, wenigstens die Überschriften, auf dem Kopf stehend, zu lesen, ohne ertappt zu werden. Er gierte nach einer Verbindung zur Außenwelt! Die Psychiatrie war vielleicht nicht so schlimm wie Gefängnis, was sein persönliches Erleiden von Qual betraf. Aber es war völlig würdelos und eine grausame Form von Koma, fand House.

„Interessiert Sie das?“ Stern zeigte auf die Zeitung.

//scheiße, er hat’s gemerkt.//

„Möchten Sie das haben?“

//ja, du Arsch! Und, muss ich mich dafür bücken oder ein Liedchen singen?// in Anbetracht seines Aufenthaltsortes wahrscheinlich letzteres.

„Sehen Sie, ich möchte etwas von Ihnen, und nun möchten Sie etwas von mir. Das ist ein guter Anfang, würde ich sagen.“ Stern hatte die veränderte Körperhaltung und –spannung bemerkt und war sich ziemlich sicher, dass House zum ersten Mal tatsächlich mental anwesend war. Auch wenn er keine Antworten gab, er hörte ihm ganz sicher zu. Er sah, wie Houses Augen unter den niedergeschlagenen Lidern zuckten. Es gab immer etwas, womit man die Leute an den Haken bekam!

//das ist Erpressung, Wichser//

„Sie machen dem Personal hier wirklich viel Arbeit, Dr. House. Die Leute können nichts für Ihr Schicksal.“

Houses Aufmerksamkeit begann, abzudriften. Mit der Zeitung wurde es wohl nichts. Stern bemerkte, dass er es übertrieb. „Warum ziehen Sie sich nicht ihre Schuhe an? Dafür gebe ich Ihnen das Magazin hier. Und wenn Sei die Schuhe anlassen, können sie es behalten, solange Sie wollen.“

House verließ sofort den Raum und kam in kürzester Zeit zurück mit Socken und Schuhen an den Füßen. Er grabschte sich die Zeitung und machte Kehrt. Eine Stunde später sah Stern ihn in einer Ecke hocken, vertieft in die Zeitung.

Stern schüttelte den Kopf. House war verurteilt, ja. Aber er war ein hellwacher, hochintelligenter Mensch. Ihn hier in dieser reizarmen Umgebung wegzusperren war sicherlich kein Beitrag, der etwas mit Resozialisierung zu tun hatte. Man konnte jeden Menschen zerbrechen, aber Stern war nicht der Auffassung, dass das sein Job sei.

House verbrachte den Rest des Tages mit Lesen. Endlich etwas Interessantes! Etwas von draußen. Er verschlang Artikel für Artikel und war überrascht, was er in den vergangenen Jahren an medizinischer Entwicklung verpasst hatte. Sein Hirn begann wieder, zu ticken.

Als House am nächsten Tag zu Stern gebracht wurde – unfreiwillig wie immer – trug er Socken und Schuhe. Das Personal hatte bestätigt, dass House seit der letzten Sitzung nicht mehr barfuss unterwegs gewesen war.

„Hallo Dr. House, wie geht es Ihnen heute?“

Und wieder keine Reaktion. HEUTE hatte House sogar etwas, was ihn phantastisch ablenkte: er ging im Geiste einen Artikel aus dem Magazin durch und stellte eine Liste von Fehlern zusammen, die dem Autor bei der Aufstellung seiner These unterlaufen waren. Eine halbe Stunde lang bekam er nichts von dem mit, was Stern ihm an den Kopf warf – wenn es das war, was Stern tat.

Dann fiel irgendetwas Schweres um und House erschrak. In diese Lücke stieß Stern sofort vor „Ich habe gesehen, dass Sie Klavier spielen.“

//ha- ha//

„In einem Nachbartrakt steht ein Piano. Vielleicht würden Sie gerne mal dort sein?“

//du gottverdammter Hurensohn. Was ist der Preis dafür?// House zuckte gleichgültig mit den Achseln – ein Fehler, wie er sofort selbst erkannte! Er hatte sich hinreißen lassen aus lauter Gier.

+++

Einige Nächte später hatte House einen fürchterlichen Albtraum. Aus irgendeinem Grund erlitt er einen anaphylaktischen Schock, seine Kehle war wie zugeschnürt und die Ärzte um ihn herum sahen tatenlos zu – er hatte ihren Codex verraten und war es nicht wert, dass sie ihm halfen.

House erwachte mit weit geöffnetem Mund – und bekam keine Luft! Er öffnete die Augen und sah einen Insassen seiner Abteilung über ihn gebeugt, ihn würgend. Schwarze Punkte tanzten bereits vor seinen Augen und mit allerletzter Kraft stieß er dem Angreifer sein Knie in den Schritt. Der Irre grunzte und fiel auf den Boden.

House setzte sich auf und rang nach Luft – seine Kehle schmerzte fürchterlich. Taumelnd floh er auf den Gang zur Schwesternstation. So wollte er nicht sterben – nicht, wenn nicht er selbst die Parameter bestimmte!

Zu seiner eigenen Sicherheit wurde er im Einzelschluss untergebracht.

Der einzige Trost war, dass er nun alleine über das Programm des Fernsehers bestimmen konnte.

„Hey, Doc!“ Gabe, einer der Pfleger stand in der Zimmertür. Es war ein Hüne mit Engelsgesicht und ebensolcher Geduld. „Der Chef möchte Sie sehen.“

House schlurfte in Gabes Windschatten den Gang hinunter. Er schlief sehr viel seit der Einzelhaft - die Langeweile war tödlich für seinen Geist!

Besuch

„Dr. House, Sie haben Besuch.“ begrüßte Stern ihn.

Wann hatte er zum letzten Mal Besuch gehabt? Er konnte es nicht sagen. Der Fernseher lief zwar Tag und Nacht, aber er hörte nicht mehr wirklich zu – er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, denn ein Tag war wie jeder andere: ein endloses Einerlei von Schlafen, Spazieren gehen, Essen. ‚Besuch gehabt’ wäre auch nicht die richtige Bezeichnung gewesen. ‚Besuch verweigert’ traf die Sache schon eher. Er hatte sich daran gewöhnt, dass sie ihm alles vorbeteten, seinen Tagesablauf bestimmten – alles. Darum weigerte er sich diese Mal nicht, als er in den Besucherraum geführt wurde.

Wilson.

Wer auch sonst? House wurde an einen Tisch gesetzt, Wilson gegenüber. Gabe setzte sich in einer Ecke auf einen Stuhl.

Wilson war erschrocken. Es war nun über ein Jahr her, seit er House zu letzten Mal gesehen hatte und was er hier sah, das war… grauenhaft! Vor ihm saß eine leere Hülle.

„House. Wie geht’s Dir?“

//bist du blind, du kleiner Idiot?//

„Ich… hab’ Dir was mitgebracht.“ Wilson hatte das Geschenk unzählige Male dabei gehabt, aber er wollte es House persönlich geben, so musste er es genauso oft wieder mitnehmen, weil House jeglichen Besuch verweigerte. Jetzt endlich konnte er die mittlerweile abgegriffene Packung überreichen: ein kleines, Batteriebetriebenes Keyboard.

House starrte die Schachtel an. Wilson schob sie über den Tisch, beobachtete, wie die langen Finger über den Karton strichen. Wie gerne hätte er gewusst, was gerade in Houses Kopf vorging! Freute der sich?

„Sag’ bitte irgendwas.“

//blah blah blah//

„House, Du tust Dir keinen Gefallen mit dieser Nummer.“

//danke, Wilson! Ich bin nur wegen Dir hier!// House blitzte den Onkologen an. Liebe Güte, Wilson war alt geworden! Da waren Falten um die Augen, die nicht da gewesen waren, tiefe Linien um den Mund, graue Haare! Für House war Wilson immer der Inbegriff des ewigen Jungen gewesen. Wann war das passiert?

„Sie werden Dich entmündigen, wenn Du weiter so vor Dich hin vegetierst.“

„Ich BIN de facto entmündigt!“ krächzte House.

Wilson und auch Gabe starrten House an. Wilson weil er erschrocken war über die ungeübte Stimme, Gabe, weil er House noch nie hatte was sagen hören.

+++++++++++++++++

Tag um Tag verging. Der Gleichklang der Tage lässt die Grenzen zwischen Gestern und Heute verschwimmen. Er kann nicht mehr sagen, wie viele Tage er schon abgesessen hat. Aber es ist auch nicht wirklich von Belang für ihn. Draussen erwartet ihn nichts. Er erwartet nichts vom draussen. Hier hat er zumindest ein Dach über dem Kopf, Essen und Kleidung – und sogar das kleine Wilson-Keyboard.

Er könnte zählen, wie oft er duscht und so die Tage zählen, aber es ist die Mühe nicht wert. Den Erfolg, den Dr. Stern mit dem Tauschgeschäft hatte, konnte der Psychiater nicht wiederholen. House war mit der einen Zeitschrift entweder zufrieden, oder aber er war nicht bereit, mehr von sich preiszugeben.

Unbemerkt haben Houses Anwalt – den er nie sah – Dr. Stern und Wilson an Houses Entlassung gearbeitet. Stern hatte alle Bemühungen voll unterstützt und so hatte man 18 Monate nach Houses erneuter Verurteilung eine Entlassung erreicht.

Freiheit

Wilson holte ihn ab - und diesmal gab es daran keinen Weg vorbei, denn eine der Auflagen war, dass er bei Wilson würde wohnen müssen. Den würde er wohl nie mehr los werden! Mit der Tasche, in der seine Habseligkeiten Platz fanden und dem Keyboard unter dem Arm kam House zum Wagen. Wilson wollte ihn irgendwie begrüßen, aber es war deutlich, dass House das nicht wollte und ausserdem war das mit der Tasche und dem Keyboard auch nicht wirklich gut möglich.

Also beschränkte sich Wilson auf ein ‚Hallo. Schön, Dich zu sehen.’ Er nahm House das Gepäck ab und verstaute es im Kofferraum. House hockte sich schweigend auf den Beifahrersitz.

Nach wenigen Ansätzen zu irgendeiner Art von Smalltalk ließ Wilson das sein und der Rest der Fahrt verlieft in peinlichem Schweigen. Je näher sie dem Ziel kamen, desto aufgeregter wurde House. Er kannte die Straßen, klar. Vieles hatte sich kaum verändert. Als der Wagen dann am Straßenrand anhielt, starrte House Wilson ungläubig an. Das war ein Witz, oder?

„Na ja“, meinte Wilson mit etwas verlegenem Gesicht, „Es erschien damals das vernünftigste. Ich … Du solltest doch ein Zuhause haben, wenn Du entlassen wirst. Konnte ja nicht ahnen, dass Du Dich bei Nacht und Nebel absetzen würdest.“

House war fassungslos. Sie parkten vor seinem alten Apartment! Wilson hatte all die Jahre hier die Stellung gehalten? Warum? Wirklich, damit er ‚ein Zuhause’ haben würde nach all dem? Wie sah es wohl drinnen aus? Krawatten überall? Er verbeißt sich ein Grinsen.

+

Es war wie eine Zeitreise… Im Wohnzimmer hatte sich fast nichts verändert, ordentlicher war alles, ja. Ein paar neue Fotos hingen an den Wänden, einige neue Bücher standen in den Regalen. Wilsons Spuren waren deutlich aber nicht – entfremdend. Das Baby-Grand stand unangetastet in der Ecke, auf Hochglanz poliert und völlig staubfrei. House wurde beinahe schwindelig. All die Jahre, und hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Als sei nichts passiert; als sei er gerade aus dem PPTH gekommen, nach einem langen Tag.

„Ich … also ich habe ein Bettsofa bestellt, aber es ist nicht rechtzeitig gekommen…“, Wilson deutete zum Schlafzimmer „Das Bett ist frisch bezogen. Ich habe meine Sachen in die eine Schrankhälfte geräumt. Du kannst die andere haben.“ House blickte auf die Tasche mit seinen wenigen Klamotten – er würde keinen halben Schrank brauchen! Er hinkte ins Schlafzimmer – es war wie eine Zeitreise und als er im Schlafzimmer angekommen war, schaffte er es gerade noch, die Tür hinter sich abzuschließen, bevor er schlotternd auf das Bett sank.

++++++++++++++++++

Als House wieder halbwegs klar denken konnte, war es schon dunkel. Er hatte da gesessen und versucht, zu verstehen, was das alles hier sollte. Gut, Wilson hatte das Apartment übernommen, weil er sowieso selbst eine Wohnung brauchte. Aber… warum hatte er nichts verändert? ER konnte sich auf all das keinen Reim machen. War zu müde dazu, hatte einfach keine Lust.

Viel drängender war das Bedürfnis, das Piano zu spielen! Er öffnete die Zimmertür so leise er konnte – House hatte keine Lust auf irgendwelche Gespräche mit Wilson! Die Wohnung war dunkel bis auf eine kleine Lampe im Wohnzimmer. Wilson schlief auf dem Sofa. Der Anblick verursachte bei House beinahe einen Flashback!

Er tappte zum Piano, klappte das teure, geliebte Instrument auf und setzte sich auf den Hocker. Legte die Hände auf die Tasten. Sie waren blank und glatt und kühl unter seinen Fingern. Ohne einen Ton zu erzeugen, ließ House seine Hände über die Tasten gleiten.

Seine Hände – jetzt vernarbt – wie anders sie aussahen als bei letzten Mal, als er hier gesessen hatte! Sachte drückte er die rechte Hand hinab – ein leiser, fragender Akkord. Gänsehaut lief seinen Rücken hinunter! Ein forschender Blick auf Wilson zeigte, dass der Mann wohl noch schlief. Noch ein Akkord. Ein langsamer Lauf. Trotz des kleinen Keyboards waren seine Hände nicht mehr so geübt wie früher.

+

Wilson konnte nicht sagen, was ihn geweckt hatte. Er hörte die Musik und glaubte zuerst an einen Traum. Dann wurde ihm klar, dass House spielte! Vor Furcht, den Mann zu verjagen, lag er ganz still. Hoffend, das House es nicht merkte, lag er da und spürte die Tränen sein Gesicht herablaufen.

+++++++++++++++++++

Nach einer Weile hinkte House in die Küche. Er gab sich Mühe, Wilson möglichst zu ignorieren. Lag da und flennte! Gibg’s noch erbärmlicher? Das Licht aus dem Kühlschrank beleuchtete seine hagere Gestalt. Nichts drin außer Coke, Milch und 7up. Eine Schranktür nach der anderen wurde aufgerissen.

„Du wirst nichts finden.“ Sagte eine ruhige Stimme hinter ihm auf einmal.

„Ist das auch eine der Bewährungsauflagen?“

„Nein. Aber ich möchte nicht, dass Du Dich am ersten Abend haltlos besäufst.“ Wilson versuchte, ruhig zu bleben.

Wortlos humpelte House an ihm vorbei ins Schlafzimmer, holte seine Jacke aus dem Schrank und marschierte zur Tür.

„Wo willst Du hin?“ in Wilsons Stimme schwang so etwas wie leise Panik. Als der Andere nicht antwortete, hastete Wilson hinter House her und packte ihn am Ärmel. „House?“

Der riß sich los und starrte Wilson hasserfüllt an „Lass’ mich in Ruhe!“

Die Tür fiel ins Schloss und Wilson stand alleine im Raum. Der Onkologe rieb seine Nasenwurzel. Nicht zu fassen! Er hatte sich das wirklich irgendwie anders vorgestellt. Wie genau, konnte er selbst nicht sagen. Einfach… anders.

Dann kam Leben in ihn. Wilson beeilte sich, Schuhe und Mantel anzuziehen, schnappte den Schlüssel und lief hinaus in die Nacht, House hinterher. Der Mann hatte kein Auto und war nicht gut zu Fuß, das einzige Ziel konnte nur die Bar einen Block weiter sein und Wilson rannte los. An der Kreuzung blieb er stehen und lugte um die Ecke. House war nicht zu sehen und so ging er die letzten Meter schnellen Schrittes in Richtung Bar.

Bis ein Angriff aus einem Hauseingang ihn brutal stoppte. Er bekam kaum noch Luft, harte Hände packten ihn am Hals und pressten ihm die Kehle zu. Wilson krächzte und krallte an den Händen.

„Lass mich in Ruhe! Ich habe nicht um Deine Hilfe gebeten, also hau ab!“ knurrte eine Stimme, die Wilson zuerst gar nicht erkannte. Zu viel Hass schwang in dieser Stimme. Wilson hatte ernsthaft Angst und die verfolg auch nicht, als er erkannte, dass es House war, der ihn so unerbittlich würgte.

Er wurde grob gegen die Wand gestoßen und losgelassen. Drei, vier Mal holte Wilson fast verzweifelt Luft, bevor er reden konnte „Wohin willst Du? … Du hast nichtmal einen Schlüssel dabei!“

Wilson bekam keine Antwort: House war schon weg.

Nachdem er sich von seinem Schrecken erholt hatte, fragte sich Wilson, ob er nicht wirklich heimgehen sollte. Eine Nacht in der Kälte würde House vielleicht zur Vernunft bringen? Aber nein! Er sollte es doch mittlerweile verstanden haben, dass House für nichts und niemanden klein bei gab! Sein verdammter Stolz hatte ihm bisher nur geschadet – warum sollte das jetzt anders sein?

Wilson gab sich geschlagen und trottete weiter, in die Bar. In eine Ecke gekauert hielt der Onkologe sich an ein paar Softdrinks fest, währen er zusah, wie House sein Geld versoff. Es war nur eine Frage der Zeit, bis House anfing, Streit zu suchen. Das war der Moment, an dem Wilson einschritt.

Er zerrte den betrunkenen Mann nach draussen. Sie stolperten mehr als dass sie gingen. House protestierte lautstark und schlug Wilson ein oder zwei Mal. Dann wurde es Wilson endgültig zu dumm. Er hatte sich ausreichend erniedrigt! Er hatte alles getan, um diesem verstockten Narziß zu helfen, um sein Los zu erleichtern. Er erwartete keinen Dank, nein, so naiv war er nicht! Aber Respekt hatte er verdient!

Wilsons Faust traf House hart in der Magengrube und als der betrunkene sich zusammenkrümmte fuhr die gleiche Faust aufwärts und verpasste House einen Kinnhaken, der sich gewaschen hatte. Mit einem dumpfen Stöhnen stolperte House rückwärts gegen die Hauswand, rutschte hinunter und übergab sich.

Nie im Leben hatte House damit gerechnet, dass Wilson gegen ihn handgreiflich würde! Das war… nein, das war nicht wahr, oder? Sein Magen und sein Kinn belehrten ihn eines Besseren. Dieses Arschloch hatte keine Hemmungen, einen Krüppel zu verprügeln! House wischte sich das Blut von der Unterlippe.

Wilson stand keuchend da. Seine Hand tat fürchterlich weh! Er blickte in Houses fassungsloses Gesicht, dass zu ihm aufsah. Kopfschüttelnd drehte Wilson sich weg und ging. Er hatte verloren. Schon vor langer Zeit, aber erst jetzt hatte er es wirklich verstanden.

++++++

Eine halbe Stunde später hatte Wilson seine Hand in einen Eisbeutel gehüllt und starrte auf das Piano, das jetzt nur noch verwaister wirkte als jemals zuvor. Die erdrückende Wahrheit der Situation war fast unerträglich und zum ersten Mal in seinem Leben war Wilson nach trinken zumute. Und es war nichts da!

Es klopfte an der Tür. So leise, dass er es fast überhört hätte. Mit einem Seufzer stand Wilson auf. Wer zur Hölle war das denn? Wollte Cuddy einen Einstandsbesuch machen? Na, da hatte sie sich ja einen tollen Zeitpunkt ausgesucht!

Wilson öffnete die Tür.

Sein Unterkiefer klappte herunter.

House hinkte an ihm vorbei in die Wohnung und verschwand in hinteren Teil. Wilson glotzte dumm. Nach etwas Lärm kann House zurück mit der alten Arzttasche in der Hand. Er setzte sich auf das Sofa und winkte Wilson zu „Zeig her!“

Wie im Traum befolgte Wilson den harschen Befehl und setzte sich. Harte, vernarbte Hände tasteten seine Hand ab. Der Bluterguss bedeckte bereits den halben Handrücken und die palpatorische Untersuchung schmerzte höllisch.

„Typischer Anfängerfehler.“ brummte House. Wilson hatte den Daumen in der Faust gehabt und sich die Kapsel angerissen. Mindestens. „Operierst Du noch selbst?“

„Selten.“

„Hmm.“ House murmelte etwas unverständliches „Wenn Du nicht aufpasst, bleibt der steif. Geh ins Krankenhaus.“ Er legte einen Verband an, der nichts zu wünschen ließ und drückte den Eisbeutel wieder darauf.

„Ist schon OK.“ wehrte Wilson ab.

„Das ist es nicht wert, du Idiot.“ House wuchtete sich hoch und verschwand wieder im Schlafzimmer. Wilson hörte, wie er die Tür abschloss. Er verstand gar nichts mehr. Wilson starrte auf die verbundene Hand. Er schüttelte den Kopf und legte sich hin. Wenn er House jedes Mal verprügeln musste, wenn er durchdringen wollte – auf keinen Fall!

+

House lag im Dunkeln und starrte an die Decke. Er hätte nicht geglaubt, dass Wilson sich derart gehen lassen würde. Nein, dass er Wilson jemals so weit würde treiben können. Das war wohl richtiger. Wilson glaubte nicht an Gewalt. Alleine die Tatsache, dass der Mann keinen anderen Ausweg mehr sah, als Körperliche Gewalt anzuwenden, sagte schon einiges.

Es war Wilson ernst. Das hätte er auch in den letzten Monaten erkennen können, aber House war in solchen Dingen stur bis zur Selbstbeschädigung. Wenn man ihm nicht mit einem Brückenpfeiler einhämmerte, dass man es ernst meinte, dann KONNTE er es gar nicht verstehen.

Heute Abend hatte ihn ein Pfeiler der Golden Gate Bridge voll in den Magen getroffen!


House lebte in den folgenden Wochen in den Tag hinein. Noch gefangen im erlernten Rhythmus der Anstaltstage wachte er um Sechs auf und war schon aus dem Bad wenn Wilson von seiner morgendlichen Laufrunde zurückkam. Zu Anfang irritierte es Wilson enorm, dass House angezogen vor dem Fernseher lümmelte, wenn er verschwitzt die Tür aufschloss.

Er langweilte sich zu Tode. Das TV-Programm war nicht besser geworden, seine Bücher kannte er alle und wenn er Klavier spielte, fiel sein Blick immer wieder auf seine Hände. Vernarbte Hände. Zum Glück gab es ja das Internet, und auch wenn der größte Teil davon nur Müll war, so gab es einige Seiten, die sein Interesse weckten.

Wilson hielt ihn finanziell knapp, ‚damit Du nicht alles direkt versäufst.’ war dessen Argument.

„Ich brauch’ Geld.“ Begrüßte HOuse Wilson eines Abends als dieser nach einer sechsstündigen OP, bei der alles schief gelaufen war, endlich nach Hause kam.

Wilson hatte keine Lust auf Diskussionen. Er war erschöpft und frustriert. House völlig ignorierend ging Wilson ins Bad. Eine heiße Dusche und dann – Schlafen! Er warf seine Kleidung achtlos auf den Boden und drehte das heiße Wasser auf.

Aber House war nun einmal House und so dauerte es nicht lange, bis kalte Luft in das von Dampf gefüllte Bad kam.

„Es ist Dir sicher nicht entgangen, dass ich dusche.“ zickte Wilson.

„Ich brauch Geld.“

Wilson atmete laut aus „Ich habe keinen Nerv mehr, heute zu diskutieren.“

„Du brauchst nicht zu diskutieren. Gib’s mir einfach.“

„House, ich hatte einen beschissenen Tag! Ich bin müde! Du wirst wohl noch ein paar Stunden warten können!“ Wilson langte nach einem großen Handtuch.

„Oh, ist mal wieder eines Deiner Krebskindchen abgenippelt? Du wirst es nie kapieren, dass Du auf der Verliererstrasse bist.“ House drehte sich um und knallte die Tür zu – wollte er zumindest. Aber er hatte nicht mit Wilson gerechnet.

Der riss ihm die Tür aus der Hand und stand – tropfend und splitternackt vor ihm, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt „Ich war über sechs Stunden im OP, die Herz-Lungen-Maschine ist mittendrin ausgefallen und als wir alles wieder unter Kontrolle hatten und zu machen wollten, hatte die Frau drei Herzstillstände. Ja, sie ist einfach abgenippelt, diese unkooperative Tusse, um das mal mit Deinen taktvollen Worten zu sagen.“ Wilson rauschte an House vorbei, zerrte vier Zwanziger aus seinem Portemonnaie und drückte sie House in die Hand „Reicht das? Geh! Mach was Du willst, sauf Dich zu Tode oder fick irgendeine Crack-Hure. Aber LASS MICH IN RUHE!“

Nackte Füße tapsten ins Bad, die Tür knallte zu, was in der abrupten Stille weit lauter wirkte, als es wirklich war. House steckte das Geld ein, zog seine Jacke an und trollte sich.

+

Als House eine Stunde später nach Hause kam, schlief Wilson bereits. House stellte die Pizzaschachteln auf den Tisch und legte die Platte auf, die er schon seit Tagen hatte kaufen wollen. Ein Direktmitschnitt von Charly Antolini. Behutsam legte er die Platte auf die dicke Gummimatte des Plattentellers. Nur gut, dass er sich nie von dem getrennt hatte! Ein Griff zum Lautstärkeregler des Verstärkers…

Das Ende der Welt!

Wilson erschrak dermaßen, dass er aufrecht saß, noch bevor er seine Augen aufhatte. Entgeistert starrte er House an. „Bist Du völlig durchgebrannt?“ er muss schreien, um den Lärm zu übertönen.

„Was?“

„Ich hab geschlafen!“ schrie Wilson.

„Moment! Es ist so laut hier…“ House drehte die Lautstärke etwas herab. „So, was war?“

Wilson starrte House an. Zum ersten Mal sieht er eine Andeutung des Mannes vor sich, der House einmal gewesen war.

House schaut auf die Uhr „Du hattest doch mindestens schon einen REM-Zyklus. Hunger?“ er deutete auf die Pizza.

Wortlos stand Wilson auf und holte zwei Coke aus dem Kühlschrank und machte sich dann über seine Pizza her – Salami, Chilies und Anchovis – so wie er sie am liebsten hatte. „Wieso bist du schon zurück?“

„Ich wollte sie doch hören.“ House nickt mit dem Kopf zum Plattenspieler.

Wilson starrte House an, schüttelte irritiert den Kopf, sah dann zum Plattenspieler „Du… wolltest Geld für eine Schallplatte? Du hättest es sagen können.“

„Es ist mein Geld – ich sollte damit tun können, was ich will und wann ich es will.“ Entgegnete House ernst.

Nein, keine Diskussion, beschloss Wilson. „Das ist Antolini, ja?“

„Yep.“

„Wo hast Du die aufgetrieben?“ die Pizza tat gut, erst beim Essen merkte Wilson, wie hungrig er wirklich war.

„ScratchIt.“

Der Plattenladen war nur einen Block entfernt. Was hatte House wohl den Rest der Zeit gemacht? Wilson war sich nicht sicher, ob er das überhaupt wissen wollte! „Danke für das Essen, keinen Dank für den beinahe-Herzinfarkt. Hör sie bitte nicht öfter als zwei Mal, ich muss wirklich schlafen!“

Wilson war wirklich kaputt. So kaputt dass er noch während die zweite Seite der Platte lief wieder einschlief. Als er am nächsten Tag aufwachte, standen die leeren Kartons und Dosen genauso auf dem Tisch, wie die beiden sie hinterlassen hatten. Wilson würde sie stehen lassen, aber dann würden sie am Abend noch genauso da sein und auf ihn warten. Sollten sie! Wilson war es leid, Hausmädchen zu spielen.

House schlief noch, wie es schien. Bis Wilson wegging ließ er sich auch nicht blicken.

Die nächsten Tage vergingen in angespanntem Frieden. Dann klingelte es an der Tür....

 

 

TBC...

 

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